Recht & Steuern Newsletter

Dezember | Nr. 8 2022

Dezember | Nr. 8 2022 INHALTSVERZEICHNIS ERBRECHT 4 | Deutschland: Die Vereinbarung des Güterstandes der Gütertrennung hat nach deutschem Recht Auswirkungen auf das Erbrecht des Ehegatten ARBEITSRECHT 5 | Deutschland : Arbeitnehmerüberlassung durch eine ausländische Muttergesellschaft 7 | Deutschland : Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Deutschland MARKEN- UND PATENTRECHT 8 | Portugal: Die Bedeutung der Innovation für die Entwicklung der Formen- und Kunststoffindustrie - Die Rolle des gewerblichen Eigentums UMWELTRECHT 9 | Portugal: Umweltorientiertes öffentliches Beschaffungswesen VERGABERECHT 10 | Portugal: Neuerungen im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe GESELLSCHAFTSRECHT 12 | Deutschland : Zugang der Öffentlichkeit zu nationalen Transparenz -Registern KURZNACHRICHTEN 13 | Deutschland : Weg frei für Bürgergeld Härtefallregelungen für kleine und mittlere Unternehmen Gesetz zum Schutz kritischer Infrastrukturen (KRITIS) 3

Dezember | Nr. 8 2022 ERBRECHT Deutschland Die Vereinbarung des Güterstandes der Gütertrennung hat nach deutschem Recht Auswirkungen auf das Erbrecht des Ehegatten Die überwiegende Anzahl der Eheleute lebt in Deutschland im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Bei der Zugewinngemeinschaft handelt es sich um den gesetzlichen Güterstand, da dieser mit Eheschließung zwischen den Eheleuten eintritt, wenn sie keine andere Regelung durch Ehevertrag treffen. Wenn der Erblasser keine letztwillige Verfügung–durch Testament, gemeinschaftliches Testament oder durch Erbvertrag - getroffen hat, wird er gemäß § 1931 BGB von seinem Ehepartner beerbt. Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist neben Verwandten der ersten Ordnung (Kinder, Enkel, Urenkel) zu einem Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung (Eltern, Geschwister) oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen (§1931 Abs.1 BGB). Im Güterstand der Zugewinngemeinschaft erhöhen sich die Erbrechtsansprüche des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft. Damit wird ein pauschaler Ausgleich des Zugewinnskraft Gesetzes verwirklicht. Dabei ist unerheblich, ob die Ehegatten im einzelnen Falle tatsächlich einen Zugewinn erzielt haben (§1371 Abs. 1 BGB). Haben die Ehegatten durch notariellen Ehevertrag den Güterstand der Gütertrennung gewählt, so hat dies auch Auswirkungen auf das Erbrecht des Ehegatten. Die Erhöhung des Erbschaftanteils um ein Viertel - wie bei dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft- besteht hier nicht. Bestand beim Erbfall Gütertrennung und sind als gesetzliche Erben neben dem überlebenden Ehegatten ein oder zwei Kinder des Erblassers berufen, so erben der überlebende Ehegatte und jedes Kind zu gleichen Teilen (§ 1931 Abs. 4 BGB). Durch diese Regelung wird verhindert, dass der überlebende Ehegatte einen geringeren Erbteil als die Kinder des Verstorbenen erhalten würde. Bei drei oder mehr Kindern erbt der überlebende Ehegatte den o.g. Mindestanteil von einem Viertel. Wenn nicht anderes geregelt ist, erbt der überlebende Ehegatte im Güterstand der Zugewinngemeinschaft also mindestens die Hälfte des Nachlasses. Im Güterstand der Gütertrennung mindestens ein Viertel des Nachlasses. Tätigkeitsschwerpunkt unserer Kanzlei ist auch die umfangreiche notarielle und rechtsberatende Tätigkeit im Erbangelegenheiten. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website unter www.cvw.legal. 4 Maria do Rosário Bayer Advogada office@cvw.legal

Dezember | Nr. 8 2022 ARBEITSRECHT Deutschland Arbeitnehmerüberlassung durch eine ausländische Muttergesellschaft Gründet eine ausländische Gesellschaft in Deutschland eine operativ tätige Tochtergesellschaft, wird sich irgendwann aus unternehmerischer Sicht die Frage stellen, ob die Tochtergesellschaft eigene Arbeitnehmer anstellt oder diese über die Muttergesellschaft beziehen kann. In dieser Situation sollte jedenfalls die Möglichkeit der Arbeitnehmerüberlassung bedacht werden, dessen Vorteile und Risken wir in diesem Beitrag kurz darstellen möchten. Direktanstellung bei der deutschen Tochtergesellschaft Zum einen besteht die Möglichkeit, dass die deutsche Tochtergesellschaft mit eigenen Arbeitnehmern ein Dienstverhältnis nach deutschem Recht begründet. Sofern die Arbeitnehmer in Deutschland arbeiten, wären diese dort sozial- und rentenversicherungspflichtig, die Tochtergesellschaft entsprechend verpflichtet, diese Beiträge abzuführen. Auch wäre – unter gewissen Umständen – das deutsche Kündigungsschutzgesetz anwendbar, was eine bedarfsabhängige und nur vorübergehende Beschäftigung von Arbeitnehmern erschweren würde. Alternative: Arbeitnehmerüberlassung durch die Muttergesellschaft Als Alternative zur Direktanstellung durch die Tochtergesellschaft sollte die Überlassung von Arbeitnehmern durch die ausländische Mutter in Erwägung gezogen werden. Bei der Arbeitnehmerüberlassung werden Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber (Verleiher – hier die Mutter) einem Dritten (Entleiher – hier die Tochter) für eine begrenzte Zeit überlassen. Der Entleiher muss dabei aus einem Mitgliedstaat der EU stammen und benötigt für die Überlassung in Deutschland eine Erlaubnis. Durch die Arbeitnehmerüberlassung kann erreicht werden, dass bei der ausländischen Muttergesellschaft nach ausländischem Recht angestellte Arbeitnehmer flexibel und projektbezogen an die Tochter überlassen werden können. Dies hat den großen Vorteil, dass die Muttergesellschaft für die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge im Ausland verantwortlich bleibt, welche unter Umständen niedriger sein können. Risiken der Arbeitnehmerüberlassung Zwar ist die Arbeitnehmerüberlassung eine sinnvolle Alternative zur Direktanstellung von Arbeitnehmern, sie ist jedoch auch mit Risiken verbunden, welche unbedingt beachtet werden sollten. Zum Beispiel gibt es für die Arbeitnehmerüberlassung zeitliche Höchstgrenzen, welche nicht überschritten werden dürfen. Aufgrund des geltenden Gleichbehandlungsgrundsatzes müssen zudem bestimmte deutsche Sozialstandards garantiert werden (Mindestlohn, Urlaubsanspruch, Obergrenzen für die Arbeitszeit usw.) und dasselbe Arbeitsentgelt bezahlt werden, welches der Entleiher einem vergleichbaren eigenen deutschen Arbeitnehmer zahlt. (Siehe Fortsetzung auf der nächsten Seite) Daniel Araújo Barros Rechtsanwalt (DE) Advogado (PT) daniel.barros@etlbodensee.de 5 Eva Lehle Rechtsanwältin (DE) eva.lehle@etlbodensee.de

Dezember | Nr. 8 2022 ARBEITSRECHT Deutschland Arbeitnehmerüberlassung durch eine ausländische Muttergesellschaft (Forts.) Weiter kann eine Überlassung auch dazu führen, dass in betriebsrechtlicher Hinsicht ein sogenannter gemeinsamer Betrieb entsteht. Dieser wird vermutet, wenn verschiedene Unternehmen, welche formal betrachtet jeweils Arbeitgeber sind, zur gemeinsamen Zweckverfolgung einen einheitlichen Leistungsapparat unter gemeinsamer Leitung unterhalten. Dies kann dazu führen, dass im deutschen Tochterunternehmen der Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes und des Betriebsverfassungsgesetzes ungewollt eröffnet wird und dadurch unternehmerische Entscheidungen erschwert werden. Diese Risiken sollten im Vorfeld durch eine sorgfältige Planung und Beratung gedämmt werden. Haben Sie zu dem Thema weitere Fragen? Wir beraten sie gerne individuell über die rechtlichen Möglichkeiten. Daniel Araújo Barros Rechtsanwalt (DE) Advogado (PT) daniel.barros@etlbodensee.de 6 Eva Lehle Rechtsanwältin (DE) eva.lehle@etlbodensee.de

Dezember | Nr. 8 2022 ARBEITSRECHT Deutschland Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Deutschland Es besteht in Deutschland keinen gesetzlich normierten Anspruch auf Urlaubs- und/oder Weihnachtsgeld; folglich handelt es sich grundsätzlich um freiwillige Sonderzahlungen. Solche Ansprüche können sich jedoch aus den Tarifverträgen ergeben, die auf die konkreten Arbeitsverhältnisse anwendbar sind. So sehen viele Tarifverträge der diversen Wirtschaftszweige solche Sonderzahlungen vor. Hierbei wird überwiegend ein fester Prozentsatz von dem Monatseinkommen berechnet und ausgezahlt. Einige Tarifverträge, so auch der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, sehen eine einzige, prozentuale Jahressonderzahlung vor. Auch Betriebsvereinbarungen im Unternehmen können solche Zahlungen vorsehen. Schließlich, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch in den Einzelarbeitsverträgen die Zahlung von Urlaubs- und/oder Weihnachtsgeld vereinbaren. Während sich die Ansprüche aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen nach den jeweils gültigen Fassungen richten und daher von Arbeitgebern entsprechend einzuhalten sind, besteht bei der bloßen Vereinbarung in Arbeitsverträgen ohne Tarifbindung die Möglichkeit, ausdrücklich zu regeln, dass solche Zahlungen nur freiwillig erfolgen („Freiwilligkeitsvorbehalt“) und daher jederzeit geändert oder gar eingestellt werden können. Demgegenüber kann ein Anspruch auf Zahlung von Urlaubs- und/oder Weihnachtsgeld dann entstehen, wenn Arbeitgeber ohne vorherige Regelung freiwillig und regelmäßig (jedenfalls drei Jahre lang) zahlen, ohne ausdrücklich die Freiwilligkeit zu erklären sowie darauf hinzuweisen, dass auch bei wiederholter Zahlung kein Rechtsanspruch für die Zukunft entsteht. Liegen solche sog. betrieblichen Übungen vor, können die Sonderzahlungen dann nur einvernehmlich, mittels einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, gekürzt oder gestrichen werden, andernfalls müsste das Arbeitsverhältnis gekündigt und der Abschluss eines neuen, unter geänderten Bedingungen, angeboten werden (Änderungskündigung). Bei Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes könnte die Kündigung jedoch unwirksam sein. Folglich, sollte bei dem Abschluss neuer Arbeitsverträge zunächst überprüft werden, ob irgendwelche Tarifverträge zwingend anwendbar sind, und wenn ja, welche Sonderzahlungen dort vorgesehen sind. Wenn nicht, sollte auf Arbeitgeberseite erwogen werden, ob Urlaubs- und/oder Weihnachtsgeld überhaupt in dem Individualarbeitsvertrag vorgesehen und wenn ja, ob diese feste Vergütungsbestandteile werden sollen, oder lediglich als mögliche freiwillige Leistungen, auch bei wiederholter Zahlung ohne Rechtsanspruch für die Zukunft, geregelt werden. Im Hinblick auf die oben dargelegten Besonderheiten des deutschen Arbeitsrechts und der wirtschaftlichen Auswirkungen sollten Regelungen in Arbeitsverträgen zu Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie die betriebliche Praxis in Bezug auf solche Sonderzahlungen sorgfältig erwogen werden. 7 Maria de Fátima Veiga Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht mail@veiga-law.com

Dezember | Nr. 8 2022 MARKEN- UND PATENTRECHT Portugal Die Bedeutung der Innovation für die Entwicklung der Formenund Kunststoffindustrie - Die Rolle des gewerblichen Eigentums Die portugiesische Formen- und Kunststoffindustrie ist für die nationale Wirtschaft von entscheidender Bedeutung, sie wird jedes Jahr als gutes Beispiel erwähnt und als ein strategischer Sektor für Portugal betrachtet. Den vorgelegten Daten von CEFAMOL - Nationaler Verband der Formenbauindustrie zufolge, hat Portugal 2021 ihre Position zwischen den weltweit führenden Formenhersteller gehalten, nahm in Europa den 3. Platz und weltweit den 8. Platz ein, hinzu wurde rund 85% der Gesamtproduktion exportiert. Die internationale Dimension dieses Wirtschaftszweiges zeigt sich im Gesamtwert der portugiesischen Exporte, die 2020 einen Wert von 566 Millionen Euro erreichten, wobei Verkäufe in 84 verschiedenen Märkten (Länder) getätigt wurden. Zunächst die Pandemie und jetzt die Energiekrise - es ist unbestreitbar, dass diese Umstände der nationalen Wirtschaft geschadet haben, und die kleine und mittlere nationalen Unternehmen (KMU) stark beeinträchtigt und so natürlich auch diesen Sektor betroffen haben. Aus diesem Grund, war die Investition in Innovation noch nie so notwendig und ist sogar unerlässlich. In der Tat ist die Innovation der wichtigste Faktor für die Entwicklung von Unternehmen und erlaubt die Wertschöpfung und Gewinnung neuer Geschäfte und Märkten. Um das Wissen darüber zu erweitern, wie und warum KMU gewerbliche Schutzrechte nutzen oder nicht nutzen, hat die Europäische Beobachtungsstelle für Verletzungen von gewerblichen Schutzrechten des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Studie durchgeführt, welche Anzeiger für geistiges Eigentum für kleine und mittlere Unternehmen 2022 (2022 Intellectual Property SME Scoreboard) benannt wurde. Der Bericht mit den Ergebnissen der Studie wurde am 28. September veröffentlicht und war das Ergebnis einer Datensammlung von 8372 KMU der Mitgliedsstaaten der EU. Aus den Ergebnissen dieser Studie geht hervor, dass 93% der KMU mit eingetragenen gewerblichen Schutzrechten eine positive Auswirkung auf ihr Geschäft als Ergebnis dieser Eintragung beobachtet haben, 60% erwähnen eine Verbesserung des Images und des Rufs des Unternehmens und 48% haben langfristig bessere Geschäftsaussichten festgestellt. Die Gründe, aus denen KMU ihre gewerblichen Schutzrechte eintragen lassen, sind, dass sie verhindern wollen, dass andere ihre Lösungen, Produkte oder Dienstleistungen kopieren (66% der KMU mit eingetragenen gewerblichen Schutzrechten), eine Steigerung des Wertes und des Images ihres Unternehmens (65%) und eine Garantie für eine größere Rechtssicherheit bei der Ausweitung des Schutzes ihrer gewerblichen Schutzrechte (63%) feststellen. Aus diesen Daten geht immer deutlicher hervor, dass die Umsetzung einer Strategie zum Schutz des gewerblichen Eigentums für KMU von wesentlicher Bedeutung ist. 8 Cláudia Freixinho Serrano Agentin für gewerbliches Eigentum und Rechtsberaterin info@jpcruz.pt

Dezember | Nr. 8 2022 9 UMWELTRECHT Portugal Umweltorientiertes öffentliches Beschaffungswesen Im Jahr 2020 erreichte das öffentliche Beschaffungswesen in Portugal einen Gesamtbetrag von 10,72 Milliarden Euro und entsprach somit 5,36 % des BIP. In den Ländern der Europäischen Union (EU) wiederum macht das öffentliche Beschaffungswesen rund 14% des BIP der EU aus. Aufgrund der strategischen Rolle, die diese Verträge bei der Verwirklichung von Nachhaltigkeitszielen spielen können, haben die Institutionen die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten vorangetrieben, und zwar durch das sogenannte umweltorientierte öffentliche Beschaffungswesen (GPP), d.h. durch vertragliche Verfahren, mit denen Behörden versuchen, Waren, Dienst- und Bauleistungen zu erwerben, die geringere Umweltauswirkungen als andere Waren, Dienstleistungen und Bauleistungen mit der gleichen Hauptfunktion haben. Die Nutzung von GPP bietet Dienstleistern die Möglichkeit, sich an grünen und nachhaltigen Anliegen auszurichten, um die Entwicklung grüner Produkte und Dienstleistungen zu fördern und Produktionsund Verbrauchstrends zu beeinflussen. Die Europäische Kommission hat bereits mehrere Initiativen ergriffen, um den Einsatz von GPP zu maximieren, und zwar sowohl durch die Veröffentlichung von nicht verbindlichen Instrumenten wie dem Handbuch zum umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffungswesen „Buying green!“, das für politische Entscheidungsträger und Unternehmen heute ein Referenzinstrument darstellt, oder durch den Start der Initiative „Big Buyers for Climate and Environment“, die darauf abzielt, die Zusammenarbeit zwischen großen öffentlichen Beschaffern bei der Umsetzung von GPP zu fördern. Auch die einschlägigen Richtlinien des Rates und des Europäischen Parlaments (Richtlinie 2014/24/EU und Richtlinie 2014/25/EU vom 26. Februar) tragen der strategischen Rolle der umweltorientierten Beschaffung bei der Verfolgung von Nachhaltigkeitszielen Rechnung, indem sie Regeln für eine stärkere Einbeziehung gemeinsamer sozialer Ziele in den Beschaffungsprozess, insbesondere in den Bereichen Umweltschutz, soziale Verantwortung, Innovation und Bekämpfung des Klimawandels, festlegen und die ausschließliche Heranziehung des Preises oder der Kosten zur Bewertung des günstigsten Angebots einschränken. In Portugal sorgen die Nationale Strategie für ein umweltfreundliches öffentliches Beschaffungswesen (Ministerratsbeschluss Nr. 38/2016 vom 29. Juli) und die Verpflichtung zu umweltfreundlichem Wachstum (Ministerratsbeschluss Nr. 28/2015 vom 30. April) für die Einbeziehung von Nachhaltigkeitskriterien in alle öffentlichen Beschaffungen und zielen darauf ab, Grundlagen zu schaffen, die den Übergang zu einem Entwicklungsmodell vorantreiben, mit dem Wirtschaftswachstum und geringerer Verbrauch natürlicher Ressourcen in Einklang gebracht werden können. Der stärkste Einfluss auf das öffentliche Beschaffungswesen wird durch die Stärkung von Vergabekriterien erzielt werden, die ökologische und soziale Aspekte begünstigen, insbesondere durch die Aufnahme verbindlicher ökologischer Kriterien in alle Vergabeverfahren, soweit möglich. Hortência Machiana Associate bei Miranda & Associados und ESGimpact+ TeamMitglied von Miranda Alliance hortencia.machiana@ mirandalawfirm.com

Dezember | Nr. 8 2022 10 VERGABERECHT Portugal Neuerungen im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe Am vergangenen 7. November wurde das Gesetzesdekret Nr. 78/2022 veröffentlicht, mit dem das Gesetz Nr. 30/2021 vom 21. Mai (Sondermaßnahmen der öffentlichen Auftragsvergabe), das portugiesische Vergabegesetzbuch und das Gesetzesdekret Nr. 60/2018 vom 3. August (Vereinfachung der Verwaltungsverfahren zur Verfolgung von Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten) geändert wurden. Im Bereich der Sondermaßnahmen der öffentlichen Auftragsvergabe sind die folgenden Neuerungen hervorzuheben: • Es wird eine Sonderregelung bezüglich die Beauftragung für Bauplanung und Bau geschaffen, die es dem Auftraggeber ermöglicht, die Ausarbeitung des Ausführungsprojekts als Aspekt der Auftragsausführung vorzusehen. • Die Gültigkeit der Sondermaßnahmen wird in den Bereichen (i) Wohnungswesen und Dezentralisierung, (ii) Informations- und Wissenstechnologien, (iii) Gesundheits- und Sozialwesen und (iv) im Rahmen des Programms zur wirtschaftlichen und sozialen Stabilisierung bis zum 31. Dezember 2026 verlängert. • Der Versand der auf der Grundlage des Gesetzes Nr. 30/2021 geschlossenen Verträge an das Instituto dos Mercados Públicos, do Imobiliário e da Construção, I. P. [portugiesisches Institut für öffentliche Märkte, Immobilien und Bauwesen] über den im Portal der öffentlichen Aufträge zu erstellenden Bereich wird verpflichtend vorgeschrieben, andernfalls gelten die Verträge als unwirksam. Unter den verschiedenen Änderungen des Vergabegesetzbuches sind folgende hervorzuheben: • Es wurden Änderungen im Bereich der materiellen Kriterien für Direktvergaben eingeführt; • Es wurde die Anforderung ergänzt, dass bei den Aufträgen kein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht, damit der Auftraggeber die Eigenschaft als Bieter oder Kandidat Unternehmen mit Sitz und effektiver Aktivität in dem Gebiet der interkommunalen Einrichtung vorbehalten kann, in dem sich der Auftraggeber befindet, und zwar bei bestimmten Verfahren, die durch interkommunale Einrichtungen, Gemeindeverbände, Kommunalbehörden oder kommunale Unternehmen gefördert werden; • Es wurde die gesetzliche Vorschrift geändert, die die Situationen vorsieht, in denen die Bewertungskommission von den Kandidaten und Bietern die Behebung formaler Unregelmäßigkeiten zu verlangen hat; • Es wurde festgelegt, dass die Nichtbehebung formaler Unregelmäßigkeiten der Bewerbungen oder Angebote innerhalb der dafür vorgesehenen Frist eine schwere Ordnungswidrigkeit darstellt; José Azevedo Moreira Managing Associate jamoreira@mlgts.pt (Siehe Fortsetzung auf der nächsten Seite)

Dezember | Nr. 8 2022 11 VERGABERECHT Portugal Neuerungen im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe(Forts.) • Es wurden Änderungen der Definition von„zusätzliche Arbeiten” und bei der Festlegung der Fälle eingeführt, in denen auf diese zurückgegriffen werden kann; • Es wurde ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen, dass der Auftraggeber verlangen kann, dass die Angebote einen Dokument beinhalten, das die Kostenstruktur der zur Auftragsausführung notwendigen Arbeit aufzeigt, insbesondere wenn diese Arbeit Sektoren betrifft, in denen die Fixkosten der Arbeit bei der Preisbildung entscheidend sind. Das Gesetzesdekret Nr. 78/2022 ist am 2. Dezember 2022 in Kraft getreten. José Azevedo Moreira Managing Associate jamoreira@mlgts.pt

Dezember | Nr. 8 2022 GESELLSCHAFTSRECHT Deutschland Zugang der Öffentlichkeit zu nationalen Transparenz –Registern Mit einem Urteil vom 22.11.2022 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass der freie Zugang aller Mitglieder der Öffentlichkeit über die wirtschaftlich Berechtigten in nationalen Transparenz –Registern gegen EU-Grundrechte verstößt. Nach der Rechtslage in Deutschland und zum deutschen Transparenz-Register sind bestimmte Informationen zu den wirtschaftlich Berechtigten der in Deutschland registrierten Gesellschaften zu melden. Dabei haben alle Mitglieder der Öffentlichkeit über das Internet Zugang zu bestimmten Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten. Der freie Zugang aller Mitglieder der Öffentlichkeit stellt nach EuGH allerdings einen schwerwiegenden Eingriff in die in den Grundrechten der EU-Charta verankerten Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz der personenbezogenen Daten der Betroffenen dar. Der Eingriff sei weder erforderlich noch verhältnismässig. Es lasse sich nämlich aufgrund der zur Verfügung gestellten Informationen zur Identität des wirtschaftlich Berechtigten sowie zu Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses an Gesellschaft und anderen juristischen Personen ein mehr oder weniger umfassendes mit bestimmten persönlichen Identifizierungsdaten sowie unter anderem die Vermögenslage Betroffener erstellen. Die möglichen Folgen einer mißbräuchlichen Verwendung solcher Daten , die frei abrufbar, auf Vorrat gespeichert und verbreitet werden könnten, würde es Betroffenen umso schwerer machen, sich wirksam gegen Mißbräuche zur Wehr zu setzen. Für einen Zugang der Mitglieder der Öffentlichkeit wird der Gesetzgeber daher wieder – wie früher- auf die Zugangsschranke des “ berechtigten Interesses” zurückgreifen müssen. Dieses berechtigte Interesse ist das Mitglied der Öffentlichkeit darzulegen verpflichtet. 12 Sönke Friedl Rechtsanwalt friedl.hr-law@gmx.de

Dezember | Nr. 8 2022 KURZNACHRICHTEN Deutschland Weg frei für Bürgergeld Das geplante Bürgergeld kann zum 1. Januar 2023 in Kraft treten. Nachdem der Bundesrat der Einführung des Bürgergeldes zunächst nicht zugestimmt hatte, verständigte sich nun der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat auf einen Kompromiss. Ziel des Bürgergeldes ist es, dass leistungsbeziehende Menschen sich stärker auf Qualifizierung, Weiterbildung und Arbeitssuche konzentrieren können. Auch die Berechnung des Regelbedarfs wird angepasst. Weitere Informationen finden Sie auf der Seite der Bundesregierung. Härtefallregelungen für kleine und mittlere Unternehmen Bund und Länder haben beschlossen, einen Fonds für Härtefälle für kleine und mittlere Unternehmen einzurichten. So soll Unternehmen geholfen werden, die trotz den Dezember-Soforthilfen und der Strom- und Gaspreisbremsen besonders von den gestiegenen Preisen für Strom und Gas betroffen sind. Die Länder treffen hierzu die genauen Regelungen. Weitere Informationen finden Sie auf der Seite der Bundesregierung. Gesetz zum Schutz kritischer Infrastrukturen (KRITIS) Das Kabinett hat die Eckpunkte des neuen KRITIS-Dachgesetzes beschlossen. Hiermit soll erstmals eine bundesgesetzliche Regelung zum physischen Schutz kritischer Infrastrukturen geschaffen werden. Die Betreiber kritischer Infrastrukturen sollen durch verpflichtende Risikobewertungen und Mindeststandards zu stärkeren Schutzmaßnahmen verpflichtet werden. Außerdem soll ein zentrales Störungs-Monitoring eingerichtet werden. Das geplante Gesetz wird die EU-Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen (Critical Entities Resilience/ CERrichtlinie) umsetzen. Weitere Informationen finden Sie auf der Seite der Bundesregierung. 13

Dezember | Nr. 8 2022 14 Disclaimer Die AHK Portugal haftet nicht für den Inhalt der Beiträge und/oder der Webseiten, die mit den Links verbunden sind. Datenschutz Die Daten und Beiträge, die in diesem Dokument aufgeführt sind, haben ausschließlich den Zweck, den Adressaten zu informieren. Die Daten werden elektronisch verwaltet gemäß den Vorschriften der DatenschutzGrundverordnung und dem portugiesischen Gesetz Nr. 58/2019 (portugiesisches Ausführungsgesetz zur Datenschutz-Grundverordnung). Falls der Adressat das Zusenden des Newsletters nicht erwünscht und/oder seine Daten aus der Datenbank der AHK Portugal gelöscht haben möchte, so bitten wir, uns dies über die auf unser Internetseite angegebene EMail-Adresse mitzuteilen. Ausgabe AHK Portugal Avenida da Liberdade 38/2 1269-039 Lisboa Abteilung Recht & Steuern Caroline Cöster Domingues (Leiterin) caroline-domingues@ccila-portugal.com Tel: +351 213 211 207 Allgemeiner Kontakt Tel: +351 213 211 200 Fax: +351 213 467 150 infolisboa@ccila-portugal.com www.ccila-portugal.com

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