Recht & Steuern Newsletter

Juni | Nr. 4 2022

Juni | Nr. 4 2022 INHALTSVERZEICHNIS GESELLSCHAFTSRECHT 4 | Deutschland: Wieviel kostet ein Anwalt in Deutschland? MARKEN- UND PATENTRECHT 6 | Portugal: Das (un)erwünschte europäische Patentsystem mit einheitlicher Wirkung IMMOBILIENRECHT 7 | Portugal: Wohnungseigentum in Portugal – Teil 1/3 WETTBEWERBSRECHT 8 | Portugal: Markt-)Macht bedeutet Pflicht... auch wenn man sie nicht sehen kann INSOLVENZRECHT 9 | Deutschland: Haftung Aktionäre und Abschlussprüfer bei Nichtigkeit-Erklärung der Bilanz ARBEITSRECHT 10 | Deutschland: Das Wettbewerbsverbot im Arbeitsverhältnis KURZNACHRICHTEN 11 | Deutschland: Entlastungspakete I und II treten in Kraft Corona-Einreiseverordnung Elektronische Gesetzesverkündungen 3

Juni | Nr. 4 2022 GESELLSCHAFTSRECHT Deutschland Wieviel kostet ein Rechtsanwalt in Deutschland? Es passiert öfter als man glaubt. Plötzlich wird man von einem Geschäftspartner verklagt oder ein Kunde zahlt nicht und man braucht einen Rechtsanwalt. Spätestens dann stellt sich die Frage: Wieviel wird mich die Beauftragung eines Rechtsanwalts kosten? Die Frage ist in Deutschland leicht zu beantworten und manchmal sogar überraschend. In gewissen Konstellationen kann es nämlich durchaus vorkommen, dass die Beauftragung eines Rechtsanwaltes „unterm Strich“ für den Beauftragenden keine Kosten verursacht. 1) Grundsatz in Zivilsachen Das deutsche Rechts- und Kostensystem in Zivilsachen folgt dem Grundsatz, dass derjenige, welcher dem anderen einen Grund gibt einen Rechtsanwalt zu beauftragen oder Klage zu erheben, dem Gegner die dadurch entstandenen Kosten zu ersetzen hat. Die Rechtsanwaltskosten stellen insoweit eine Schadensposition des Gläubigers dar. Der am häufigsten Auftretende Fall ist in diesem Zusammenhang der Schuldner, welcher eine fällige Forderung nicht rechtzeitig begleicht. Kommt er mit seiner Zahlungspflicht in Verzug, hat er die Beauftragungskosten eines Rechtsanwalts durch den Gläubiger als sogenannten Verzugsschaden zu ersetzen. 2. Welche Kosten müssen ersetzt werden? Gesetzliche Basis für das Honorar von Rechtsanwälten ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Treffen der Rechtsanwalt und der Mandant keine Honorarvereinbarung, richtet sich das geschuldete Anwaltshonorar nach diesem Gesetz. Mandant und Rechtsanwalt können statt der gesetzlichen Gebühren auch eine vom Gesetz abweichende Vergütung vereinbaren – die sogenannte Honorarvereinbarung. Das deutsche Kostensystem orientiert sich allerdings an den Rechtsanwaltshonoraren nach dem RVG. Hiernach bemisst sich die Höhe der von einem säumigen Schuldner dem Gläubiger zu ersetzenden Rechtsanwaltshonorare. Höhere oder niedrigere Kosten aufgrund einer Honorarvereinbarung werden grundsätzlich bei der Berechnung des Verzugsschadens nicht berücksichtigt. 3. Das gesetzliche Gebührensystem des RVG Auch die durch ein Verfahren entstandenen Gerichtskosten folgen dem System, dass die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits tragen muss. In Zivilsachen berechnet sich das gesetzliche Anwaltshonorar in der Regel aus zwei Faktoren: dem Gegenstandswert und der auftragsgemäß entfalteten Tätigkeit. Unter dem Gegenstandswert einer Angelegenheit versteht man den objektiven Geldwert oder das wirtschaftliche Interesse des Auftraggebers. Bei Forderungsangelegenheiten entspricht dieser Wert meistens dem Betrag der geltend gemachten oder abzuwehrenden Forderung. Siehe Fortsetzung auf der nächsten Seite 4 Daniel Araújo Barros Rechtsanwalt (DE) Advogado (PT) daniel.barros@etlbodensee.de

Juni | Nr. 4 2022 GESELLSCHAFTSRECHT Deutschland Wieviel kostet ein Rechtsanwalt in Deutschland? Bei der Geltendmachung eines Forderungsbetrags von 10.000,00 Euro, fallen nach dem RVG beispielsweise Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 973,66 Euro für die außergerichtliche Tätigkeit und 1.375,52 Euro für die gerichtliche Tätigkeit an. Die Gerichtskosten belaufen sich im Regelfall auf 798,00 Euro. Wichtig ist aber zu wissen, dass der Mandant gegenüber seinem Rechtsanwalt und dem Gericht zunächst selbst zur Zahlung des Anwaltshonorars bzw. der Gerichtskosten verpflichtet ist. Nach Abschluss des Verfahrens ergeht durch das Gericht ein Beschluss in welchem die Kosten festgesetzt werden, die eine Partei von der anderen erstatten muss. Möchten Sie in Deutschland eine Forderung geltend machen oder haben Sie weitere Fragen zu der Höhe der Rechtsanwaltsgebühren? Kontaktieren Sie uns! 5 Daniel Araújo Barros Rechtsanwalt (DE) Advogado (PT) daniel.barros@etlbodensee.de

Juni | Nr. 4 2022 MARKEN- UND PATENTRECHT Portugal Das (un)erwünschte europäische Patentsystem mit einheitlicher Wirkung Bald startet ein neues und auf zwei Säulen beruhendes System für den Schutz und die Wahrung der Patente in der EU, dem Portugal angehört. Das Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung (EPeW): das die Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes in bis zu 24 EU-Mitgliedstaaten auf Beantragung einer einzigen Anmeldung bei der Europäischen Patentorganisation vorsieht, um so die einzelnen Validierungsverfahren in den verschiedenen Ländern zu vermeiden. Und das Einheitliche Patentgericht (EPG): das, die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten über europäische Patente und EPeWauβerhalbder Organisation der nationalen Gerichtshöfe vorsieht. Portugal ist Mitglied der versträrkten Zusammenarbeit für die Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes, hat aber auch, durch das Dekret des Staatspräsidenten Nr. 90/2015 vom 6. August, das Übereinkommen über das EPG, trotz vielfältiger nationaler Petitionen, dies nicht zu tun, ratifiziert. Seit dem 19. Januar ist ein vorläufiges Anwendungsprotokoll in Verbindung mit dem EPG im Gang, das die technischen- und infrastrukturellen Voraussetzungen dieses Gerichts einleiten wird, welches Ende dieses Jahres oder zu Beginn 2023 seine Arbeit aufnehmen wird. Einige betrachten das EPeW als ein System, das die Innovation und die Wettbewerbsfähigkeit erhöht, aber andere beurteilen es als ein System, das zur Ausgrenzung der KMU von den Innovationskreisen beitragen wird. In der Tat wird die Erlangung eines EPeW, wenn mit dem nationalen Verstaatlichungssystem des europäischen Patents verglichen, einen ermäβigten Kostenaufwand haben und für Ihre Erhaltung wird nur die Zahlung einer einmaligen jährliche Verlängerungsgebühr erforderlich sein. Jedoch, wie im Falle des traditionallen europäischen Patents, ist der potentielle Kostenvorteil der Wartungsgebühr einer EPeW weitgehend von der Anzahl und der Eigenschaften der Länder in denen das Patent erhalten werden soll, abhängig (siehe z. B., dass im Falle von Spanien oder Kroatien die jeweiligen Wartungsgebühren immer einzeln zu entrichten sind, da diese Länder nicht dem EpeW-System angehören). Das EPG wurde für die Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit den europäischen Patenten und den EPeW geschaffen und hat über die letzterenausschlieβliche Gerichtsbarkeit. Im Falle der traditionellen europäischen Patenten, wird ein “opt-out“ dieses Systems möglich sein. Die mit dem Betrieb des EPG verbundene Struktur und Unsicherheiten, haben einige Kontroversen ausgelöst. Es gibt nur eine Berufungsinstanz und es ist noch unklar, ob dieses Gericht dem Patentinhabern mehr entgegenkommen wird oder nicht. Aber eines ist sicher - die Gerichtskosten und die Rechtsvertretungskosten sind, im Vergleich zu einem Prozess vor den portugiesischen Gerichten, sehr hoch, und von KMU kaum bezahlbar. So ist leicht zu erkennen, dass das EPeW-System für die portugiesische Wirtschaft, die zum Großteil aus KMU besteht, nicht von Vorteil sein wird. 6 Ágata Pinto Agent für gewerbliches Eigentum und Rechtsberater info@jpcruz.pt

Juni | Nr. 4 2022 IMMOBILIENRECHT Portugal Wohnungseigentum in Portugal – Teil 2/3 Rechtsanwalt e Advogado, Dr. Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau, Experte im Immobilienrecht, stellt die Aufteilung von Wohnungseigentum (propriedade horizontal) dar. I. Die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht regelmäßig aus zwei Organen: Der Wohnungseigentümerversammlung (assembleia dos condomínios) und der -verwaltung (administração de condomínio). Die Verwaltung wird durch die Versammlung in der Regel für ein Jahr gewählt wird. II. 1. Die wichtigsten Zuständigkeiten der Verwaltung sind die Einberufung der Versammlung, die Erstellung des Budgets, die Ausführung der Beschlüsse der Versammlung sowie die gerichtliche Vertretung der Eigentümergemeinschaft. Gleichwohl kann sie auch ohne Zu-stimmung der Versammlung Strafanzeige im Zusammenhang mit dem Wohnungseigentum stellen. 2. Weitere ausgewählte Verwalterpflichten sind: Überprüfung des Vorhandenseins der Rücklagen; die Einforderung der ausstehenden Eigentümeranteile an genehmigten Ausgaben (einschließlich gesetzlicher Zinsen) und der in der Gemeinschaftsverordnung oder durch Beschluss festgelegten Strafen; Ausführung der (nicht angefochtenen) Beschlüsse innerhalb einer Frist von höchstens 15 Arbeitstagen oder innerhalb der von der Versammlung gesetzten Frist (außer bei Unmöglichkeit, was ordnungsgemäß begründet wer-den muss); Information der Wohnungseigentümer bzgl. Beteiligung der Gemeinschaft in einem Gerichtsverfahren bzw. halbjährige Information über deren Stand (schriftlich oder per E-Mail; Ausnahmen bei Schweigepflicht oder sonstigen Vertraulichkeitsgründen); Interventionsrecht in dringenden Fällen mit anschließendem Recht zur außerordentlichen Einberufung der Eigentümerversammlung (zur Bestätigung der Intervention); Einholung von drei Kostenvoranschlägen (im Voraus) bei außergewöhnlichen oder neuartigen Instandhaltungsarbeiten (sofern die Gemeinschaftsverordnung nichts anderes vorsieht); Protokollführung bei der Hauptversammlung sowie Beratungspflicht in derselben gegenüber den Anteileignern und Dritten, die Rechte an den Anteilen besitzen. 3. Darüber hinaus bestehen Verwahr- bzw. Informationspflichten hinsichtlich beglaubigter Kopien von Dokumenten bzgl. der Gründung der Eigentumsgemeinschaft, an die Gemeinschaft gerichteter Mitteilungen, Sicherheitsvorschriften bzgl. des Gebäudes sowie der eigenen Identität. 4. Bei Schulden gegenüber dem Wohnungseigentum muss der Verwalter grundsätzlich innerhalb von 90 Tagen nach dem ersten Ver-stoß ein gerichtliches Verfahren zur Eintreibung einleiten. 5. Nun insbesondere relevant ist die Ausstellungspflicht bzgl. einer Erklärung über Schulden (Freiheit) bzgl. des Wohneigentums auf Antrag des Eigentümers innerhalb von 10 Tagen (insbesondere zum Zweck der Veräußerung der Wohnung). III. Im Falle einer Pflichtverletzung haftet der Verwalter nun zivilrechtlich für seine Unterlassung, unbeschadet einer etwaigen straf-rechtlichen Haftung. (Vollständiger Text hier) Alexander Rathenau Advogado und Rechtsanwalt anwalt@rathenau.com 7

Juni | Nr. 4 2022 WETTBEWERBSRECHT Portugal (Markt-)Macht bedeutet Pflicht... auch wenn man sie nicht sehen kann In dem in der April-Ausgabe dieses Newsletters veröffentlichten Artikel haben wir uns mit der Pflicht zur Anmeldung eines Zusammenschlusses beim Kartellamt ("AdC") befasst. So haben wir bereits erwähnt, dass die Pflicht zur Anmeldung eines Zusammenschlusses anhand der Erfüllung gesetzlich festgelegter Kriterien in Bezug auf die Marktanteile und/oder den Umsatz der beteiligten Unternehmen geprüft wird. Nun kann aber die Anwendung dieser Kriterien Zweifel aufkommen lassen, wenn es sich um Vorgänge handelt, die die Übertragung von immateriellen Gütern zum Gegenstand haben - dies ist der Fall, wenn das Unternehmen die Übertragung von Lizenzen für Marken, Patente oder Urheberrechte, aber auch z. B. das Recht zur Nutzung einer bestimmten Sache oder Dienstleistung im Rahmen einer Konzession zum Gegenstand hat. In diesen Fällen kann die Erlangung der Kontrolle über solche Aktiva als (anmeldepflichtiger) Zusammenschluss angesehen werden, wenn die betreffenden Aktiva eine Tätigkeit darstellen, die zu einer Marktpräsenz führt und welcher ein Umsatz zugerechnet werden kann, wie aus den einschlägigen Leitlinien der Europäischen Kommission hervorgeht. Sobald dieser Umsatz geschätzt ist, können die Unternehmen eruieren, ob sie verpflichtet sind, den Zusammenschluss anzumelden. Die AdC hat kürzlich die Anmeldepflicht für einen solchen Zusammenschluss in der Rechtssache Ccent. 36/2021 (JCDecaux/ Concessão de Publicidade Exterior em Lisboa) gewürdigt, in welcher sie am 11/04/2022 einen Genehmigungsentscheid unter Auflagen erteilte. In diesem Fall ging es um die Vergabe eines ausschließlichen Nutzungsrechts für den öffentlichen Bereich der Stadt zur Anbringung und Nutzung von Stadtmobiliarwerbung im Rahmen einer Konzession, wobei die Einstufung des fraglichen Vertrags als Zusammenschluss in Abrede gestellt wurde. So wurde als Argument u. a. vorgetragen, dass es zu keiner Übertragung von Verträgen, Arbeitnehmern oder anderen materiellen Güter gekommen sei. Die AdC vertrat hingegen die Auffassung, dass es sich um einen kontrollierbaren Unternehmenszusammenschluss handelte, war doch das erworbene Aktiva - d. h. das Recht, das sich aus der ausschließlichen Nutzung des öffentlichen Raums ergibt - geeignet, die Präsenz des Käufers auf dem betreffenden Markt auszubauen und einen unmittelbar mit der erhaltenen Konzession verbundenen Umsatz zu erzielen (selbst wenn das dem Konzessionär gewährte Recht kein materielles Element enthielt). Man sollte daher bedenken, dass es neben Situationen, in denen es um Tätigkeiten geht, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Umsatz oder den verkauften Mengen von Waren oder Dienstleistungen stehen und der damit einhergehenden einfacheren Feststellung des Vorliegens einer Anmeldepflicht, auch andere Situationen gibt, in denen es schwieriger sein kann, zu einem solchen Befund zu kommen, nämlich dann, wenn es um Geschäfte mit immateriellen Vermögenswerten geht. Dieser Umstand gebietet es, dass Unternehmen stets die notwendige Vorsicht walten lassen, um eine Verletzung der Anmeldepflicht für den Zusammenschluss zu vermeiden. Diogo Nogueira Gaspar Advogado dng@slcm.pt 8

Juni | Nr. 4 2022 INSOLVENZRECHT Deutschland Haftung Aktionäre und Abschlussprüfer bei NichtigkeitErklärung der Bilanz Im Zusammenhang mit der Insolvenz des Unternehmens Wirecard AG wurden in über 1000 Klagen (Gläubiger und Aktionäre) rund 12 Milliarden Euros an Forderungen angemeldet. Das Landgericht München hat nunmehr auf Antrag des Insolvenzverwalters die WirecardBilanzen 2017 und 2018 sowie die Dividendenbeschlüsse der Hauptversammlung aufgrund Überbewertung der Aktiva nach dem AktG für nichtig erklärt. Beklagte war die Wirecard AG, die nur noch als rechtliche Hülle existiert. Hieran knüpfen sich mehrere rechtliche Aspekte. Grundsätzlich müssen Aktionäre Leistungen der Gesellschaft – hier Dividenden -, die sie entgegen den Vorschriften des AktG erhalten, zurückgewähren. Allerdings muss der gutgläubige Anleger nicht fürchten, dass ihm die Dividende genommen wird, da er auf die testierten Jahresabschlüsse vertraut hat. Anders sieht es bei Großaktionären aus, die operative oder Kontrollfunktionen in der Gesellschaft bekleidet haben. Gleichermaßen kommen nunmehr auch Steuerrückforderungen des Insolvenzverwalters gegenüber der Finanzverwaltung in Betracht. Ein besonderes Augenmerk richtet sich nun auch auf die mögliche Haftung des Abschlussprüfers, ggf. der solventeste Anspruchsgegner in dem Unternehmensausfall. Das Landgericht München hat in diesem Zusammenhang ein Musterverfahren gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zugelassen, das dazu dient, stellvertretend für eine Vielzahl von Klagen eine Entscheidung herbeizuführen, von der anwaltlichen Vertretung der Anleger wird darin eine durchschlagende Indizienwirkung für alle Prozesse auf Schadensersatz gegen die Prüfungsgesellschaft gesehen. Diese wiederum zweifelt die Anwendbarkeit eines gesetzlich geregelten Musterverfahrens an, da die Testate der Wirecard-Bilanzen keine Kapitalmarktinformation im Sinne des Gesetzes seien. Im Übrigen würde Haftung im Verhältnis zu Anlegern nur greifen, wenn Prüfern Vorsatz oder grob fahrlässiges Handeln vorgeworfen werden kann. Die Feststellung der Nichtigkeit des Jahresabschlusses sage nichts über den/ die Verantwortlichen der Mängel darin aus. Das Verfahren bleibt abzuwarten. 9 Sönke Friedl Rechtsanwalt friedl.hr-law@gmx.de

Juni | Nr. 4 2022 ARBEITSRECHT Deutschland Das Wettbewerbsverbot imArbeitsverhältnis Während des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses gilt ein gesetzliches Wettbewerbsverbot, sodass es keiner Regelung in den Arbeitsverhältnissen bedarf; dieses Verbot besteht sowohl für kaufmännische Angestellten (sog. Handlungsgehilfen) als auch gleichermaßen für andere Arbeitnehmer, nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einschließlich der freien Berufe (wie z.B. Ärzte). Das Wettbewerbsverbot umfasst daher nicht nur das Betreiben eines Handelsgewerbes für eigene oder fremde Rechnung, sondern auch jede Form von Konkurrenzgeschäften. Der Arbeitgeber kann jedoch in die Konkurrenztätigkeit einwilligen, wobei eine Einwilligung als erteilt gilt, wenn dem Arbeitgeber bei der Einstellung des Arbeitnehmers positiv bekannt war, dass dieser das Gewerbe betreibt. Bei einem Verstoß gegen ein bestehendes Wettbewerbsverbot kann der Arbeitgeber Unterlassung verlangen, nach einer vorherigen Abmahnung das Arbeitsverhältnis kündigen, Schadensersatz verlangen oder stattdessen verlangen, dass die von dem Arbeitnehmer für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung des Arbeitgebers gelten. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses unterliegen Arbeitnehmer keinem Wettbewerbsverbot; möchte der Arbeitgeber jedoch auch dann eine Konkurrenztätigkeit vermeiden, ist der Abschluss einer schriftlichen Wettbewerbsvereinbarung mit dem Arbeitnehmer erforderlich. Ferner, ist eine solche auch nur verbindlich, wenn sich der Arbeitgeber darin verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung (eine sog. Karenzentschädigung) zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der vom Arbeitnehmer zuletzt erhaltenen Vergütung erreicht. Sagt der Arbeitgeber keinerlei Entschädigung zu, ist die Wettbewerbsvereinbarung sogar nichtig. Darüber hinaus, muss ein vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot dem Schutze eines berechtigten, geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dienen und darf nicht im Verhältnis zu der zu zahlenden Entschädigung eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des ehemaligen Arbeitnehmers nach Ort, Zeit oder Gegenstand darstellen. Hierbei gilt einen gesetzlichen Zeitraum von maximal zwei Jahren. Die Entschädigung ist monatlich zu zahlen; der Arbeitnehmer muss sich jedoch hierbei das anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Karrenzentschädigung zu zahlen ist, anderweitig verdient oder böswillig unterlassen hat, zu verdienen, jedoch nicht unbegrenzt: eine Anrechnung erfolgt nur, soweit Entschädigung und anderweitiger Erwerb 110% des letzten Einkommens übersteigt. Musste der Arbeitnehmer wegen des Wettbewerbsverbots umziehen, weil er am bisherigen Wohnsitz keine entsprechende Stelle fand, erhöht sich die Anrechnungsgrenze auf 125%. Nach alledem sollte vorab erwogen werden, ob der Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots überhaupt wirtschaftlich sinnvoll ist. 10 Maria de Fátima Veiga Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht mail@veiga-law.com

Juni | Nr. 4 2022 KURZNACHRICHTEN Deutschland Entlastungspakete I und II treten in Kraft Die Entlastungspakete I und II sollen die finanziellen Folgen des Energiepreisanstiegs mindern. Entlastungspaket I Das Entlastungspaket I schafft steuerliche Entlastungen, so werden rückwirkend zum Jahresbeginn die Entfernungspauschale, der Grundfreibetrag und der Arbeitnehmerpauschbetrag erhöht. Die Entfernungspauschale für Fernpendler (ab dem 21. Kilometer) wird um 3 Cent von 35 auf 38 Cent erhöht (befristet bis 2026). Bei der Einkommensteuer steigt der Grundfreibetrag um 363 Euro auf 10.347 Euro. Ebenfalls wird bei der Einkommensteuer der Arbeitnehmerpauschbetrag um 200 Euro auf 1.200 Euro angehoben. Entlastungspaket II Mit dem Entlastungspaket II erhalten Bürgerinnen und Bürger weitere Unterstützung. Eingeführt werden eine einmalige Energiepreispauschale, ein einmaliger Kinderbonus, die temporäre Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe und das 9-Euro-Ticket. Im Rahmen der Energiepreispauschale werden Erwerbstätige, Selbstständige und Gewerbetreibende einmalig 300 Euro erhalten. Kindergeldberechtigte werden für jedes Kind einen Einmalbonus von 100 Euro erhalten. Für die Monate Juni bis August wird die Energiesteuer auf Kraftstoffe abgesenkt. Die Steuerentlastung für Benzin beträgt 30 Cent pro Liter und für Diesel 14 Cent pro Liter. Für die Monate Juni bis August wird ebenfalls ein ÖPNV-Ticket für neun Euro im Monat eingeführt. Weitere Informationen zu den Entlastungspaketen finden Sie auf der Seite der Bundesregierung: Enlastungspaket eins Entlastungspaket zwei Corona-Einreiseverordnung Am Am 25.05.2022 wurde vom Bundeskabinett die Fünfte Verordnung zur Änderung der Corona-Einreiseverordnung beschlossen, die nach Verkündung zum 01. Juni 2022 in Kraft treten soll. Diese sieht unter anderem Lockerungen für die Einreise nach Deutschland vor. Mit der Ausnahme von der Einreise aus Virusvariantengebieten soll es zukünftig möglich sein ohne Geimpft-, Genesenen- oder Testnachweis nach Deutschland einzureisen. Auch soll die Kategorie der Hochrisikogebiete gestrichen werden. Weitere Informationen hierzu finden Sie hier auf der Seite der Bundesregierung. Elektronische Gesetzesverkündungen Der Gesetzesentwurf zur Modernisierung des Verkündungs- und Bekanntmachungswesen wurde vom Bundeskabinett beschlossen. Dieser wird zur Stellungnahme an den Bundesrat zugeleitet und nach Gegenäußerung der Bundesregierung an den Bundestag zur Beratung weitergeleitet. Ziel des Entwurfs soll es sein, dass ab dem 01. Januar 2023 Gesetze und Rechtsverordnungen online abrufbar sein sollen. Die Verkündung soll zukünftig somit elektronisch und nicht mehr in Papierform erfolgen. Zur Umsetzung wird eine Änderung des Art. 82 Abs. 1 GG erforderlich sein. Weitere Informationen hierzu finden Sie hier auf der Seite der Bundesregierung sowie in der Pressemitteilung des BMJ vom 25.05.2022. 11

Juni | Nr. 4 2022 14 Disclaimer Die AHK Portugal haftet nicht für den Inhalt der Beiträge und/oder der Webseiten, die mit den Links verbunden sind. Datenschutz Die Daten und Beiträge, die in diesem Dokument aufgeführt sind, haben ausschließlich den Zweck, den Adressaten zu informieren. Die Daten werden elektronisch verwaltet gemäß den Vorschriften der DatenschutzGrundverordnung und dem portugiesischen Gesetz Nr. 58/2019 (portugiesisches Ausführungsgesetz zur Datenschutz-Grundverordnung). Falls der Adressat das Zusenden des Newsletters nicht erwünscht und/oder seine Daten aus der Datenbank der AHK Portugal gelöscht haben möchte, so bitten wir, uns dies über die auf unser Internetseite angegebene EMail-Adresse mitzuteilen. Ausgabe AHK Portugal Avenida da Liberdade 38/2 1269-039 Lisboa Abteilung Recht & Steuern Caroline Cöster Domingues (Leiterin) caroline-domingues@ccila-portugal.com Tel: +351 213 211 207 Allgemeiner Kontakt Tel: +351 213 211 200 Fax: +351 213 467 150 infolisboa@ccila-portugal.com www.ccila-portugal.com

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