Recht & Steuern Newsletter

März | Nr. 1 2022

März | Nr. 1 2022 INHALTSVERZEICHNIS VORWORT ERBRECHT 5 | Deutschland: Der Pflichtteilsanspruch bei Enterbung VERFAHRENSRECHT 6 | Portugal: Golden Visa: neue Regeln in 2022 BERGRECHT 7 | Portugal: Portugal setzt auf Lithium UMWELTRECHT 8 | Portugal: Gesetz über die Grundlagen des Klimaschutzes IMMOBILIENRECHT 10 | Portugal: Rechtslage der Ferienanlagen in Portugal GESELLSCHAFTSRECHT 11| Portugal: Gesetzliche Änderungen bei der Gründung von Unternehmen und ständigen Vertretungen STEUERRECHT 13| Portugal: Stempelsteuer - Diskriminierung nicht ansässiger Unternehmen bei konzerninternen Finanzierungen ARBEITSRECHT 15| Deutschland:Der Betriebsübergang –Auswirkungen auf Arbeitsverhältnisse KURZNACHRICHTEN 16 | Deutschland: Kurzarbeitergeld Corona-Steuerhilfen 3

März | Nr. 1 2022 4 VORWORT Liebes Mitglied der AHK Portugal, Lieber Leser unseres Newsletters, mit großer Freude starten wir hiermit die dritte Ausgabe des Newsletters "Recht & Steuern". Dieser monatlich erscheinende Newsletter der Deutsch-Portugiesischen Industrie- und Handelskammer hat zum Ziel, Unternehmen durch kurze Texte von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die Mitglieder der Kammer sind, über aktuelle rechtliche und steuerliche Themen zu informieren. Der Newsletter beschäftigt sich mit den unterschiedlichsten Rechtsgebieten rund um Unternehmen und steht unseren Mitgliedern jeweils in einer deutschen und portugiesischen Version gleichen Inhalts zur Verfügung. Wir freuen uns, dass die Zahl der teilnehmenden Rechtsanwaltskanzleien im dritten Jahr des Newsletters weiter gestiegen ist. In diesem Jahr haben sich vier neue Teilnehmer der Zusammenarbeit mit der Kammer angeschlossen, welche wir hiermit willkommen heißen. Wir werden Sie auch weiterhin über wichtige Gesetzesänderungen und Angelegenheiten, die für den Alltag von Unternehmen von Interesse sind, informieren und hoffen, dass Sie diesen Service, den wir Ihnen zur Verfügung stellen, nutzen können. Hans-Joachim Böhmer Geschäftsführendes Vorstandsmitglied hansjoachimboehmer@ccilaportugal.com Caroline Cöster Domingues Leiterin Recht & Steuern carolinedomingues@ccilaportugal.com

März | Nr. 1 2022 5 ERBRECHT Deutschland Der Pflichtteilsanspruch bei Enterbung Das deutsche Recht sieht in dem§1937 BGB vor, dass der Erblasser durch letztwillige Verfügung den Erben, abweichend von der gesetzlichen Erbfolge, bestimmen kann. Der Erblasser kann demzufolge durch Einzel-Testament, durch gemeinsames Testament (bei Ehegatten) oder durch Erbvertrag einen Verwandten von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen, d.h. enterben. Die Enterbung erfolgt durch ausdrücklichen Ausschluss des gesetzlich Erbberechtigten oder durch Einsetzung anderer Personen als Erben. Eine Enterbung bedarf keiner Begründung. Eine Enterbung von näheren Angehörigen kommt relativ häufig vor. Enterbt der Erblasser seine nächsten Familienangehörigen, das heißt seine Abkömmlinge, seinen Ehegatten, oder bei Kinderlosigkeit des Erblassers seine Eltern, so haben diese einen Anspruch auf einen Pflichtteil. Das Gesetz bestimmt hierzu eine Rangfolge. Die Eltern und entfernteren Abkömmlinge sind als Pflichtteilberechtigte ausgeschlossen, wenn ein unmittelbarer Abkömmling den Pflichtteil verlangen kann oder das ihm Hinterlassene annimmt (§2309 BGB). Der Pflichtteilsberechtigte kann von dem oder den eingesetzten Erben den Pflichtteil verlangen. Der Pflichtteil – ein schuldrechtlicher Geldanspruch - besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils (§2303 BGB). Der Pflichtteilsberechtigte hat einen Auskunftsanspruch gegenüber dem oder den Erben. Diese müssen auf Verlangen des Pflichtteilsberechtigten ein Verzeichnis der Nachlassgegenstände und Nachlassschulden sowie über etwaige Schenkungen des Verstorbenen erstellen und, falls hierzu aufgefordert, auch den Wert des Nachlassgegenstände ermitteln lassen. Die Kosten fallen dem Nachlass zur Last (§2314 BGB). Verjährung des Pflichtteilsanspruchs Anspruch auf den Pflichtteil verjährt in 3 Jahren, spätestens aber 30 Jahre nach dem Erbfall. Die Verjährungsfrist von 3 Jahren beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte vom Eintritt des Erbfalls und seiner Enterbung erfahren hat (vgl. §§195, 199 BGB). Dieser Beitrag soll lediglich einen ersten Überblick zu einem komplexen Thema bieten und kann keine Rechtsberatung im Einzelfall ersetzen. Tätigkeitsschwerpunkt unserer Kanzlei ist auch die umfangreiche notarielle und rechtsberatende Tätigkeit im Erbangelegenheiten. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website unter www.cvw.legal. Maria do Rosário Bayer Anwältin office@cvw.legal

März | Nr. 1 2022 6 VERFAHRENSRECHT Portugal Golden Visa: neue Regeln in 2022 Das Ausländergesetz wurde geändert, um die sogenannten Goldvisa in die Prioritäten für den territorialen Zusammenhalt, für den am stärksten gefährdeten Gebiete und die Wohnungspolitik aufzunehmen. Seit dem 1. Januar 2022 wird die Regelung für Aufenthaltstitel für Investitionen vorzugsweise auf die Gebiete des Landesinneren, der Investitionen in die Schaffung von Arbeitsplätzen und der Neuqualifizierung des städtischen und kulturellen Erbes ausgerichtet sein. Im Falle von Investitionen in den Erwerb von Immobilien, die für den Wohnungsbau bestimmt sind, ist der Zugang zum Visum nur erlaubt, wenn sie sich in den Autonomen Regionen Azoren und Madeira oder in den Gebieten des Landesinneren befinden. Auf der anderen Seite geht die Mindestinvestition in verschiedenen Situationen von 350.000 bis 500.000 Euro, die Mindestkapitalübertragung von 1 Million auf 1,5 Millionen Euro. Die neuen Regeln Vorschriften sollten Investitionen in den Binnengebieten sowie Investitionen in die Städtische Umschulung, das kulturelle Erbe, Tätigkeiten von hohem ökologischen oder sozialen Wert, produktive Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen fördern, die sich auf das Gebiet der interkommunalen Gemeinschaften des Landesinneren und der Autonomen Regionen Azoren und Madeira beschränken, die Investitionen für den Erwerb von Immobilien und die Erhöhung des Mindestwerts der Investitionen und der Anzahl der für die Investitionstätigkeit zu schaffenden Arbeitsplätze. Sofia Matos Partner sm@jlegal.pt

März | Nr. 1 2022 7 BERGRECHT Portugal Portugal setzt auf Lithium Die portugiesische Regierung kündigte vor kurzem ihren Beschluss an, ein Aufsuchungs- und Gewinnungsprogramm für Lithium durchzuführen, um die Verfügbarkeit und Qualität dieses Bodenschatzes im Lande, sowie die Möglichkeiten für dessen Nutzung, zu bewerten. Dieses Programm wurde im Rahmen der Klimawandel-Gesetzgebung genehmigt, mit der Absicht, durch die Umstellung zu elektrisch betriebenen Transport- und Produktionsmethoden, die CO2-neutrale Entwicklungsziele des Landes zu erreichen. Die Vergabe von Aufsuchungs- und Gewinnungsrechten im Bergbau wird durch das Gesetz Nr. 54/2015, vom 22. Juni, und das Dekret Nr. 30/2021, vom 7. Mai (durch Gesetz Nr. 10/2022, vom 12. Januar, verändert), geregelt. Das Vergabeverfahren dieser Rechte kann durch private Initiative oder Staatliche Initiative - durch die Eröffnung eines öffentlichen Ausschreibungsverfahrens - eingeleitet werden. Dazu ist erforderlich, dass die Generaldirektion für Energie und Geologie (DGEG) einen Vorschlag der auszuschreibenden Gebiete vorlegt. Am 2. Februar 2022 gab die DGEG die Ergebnisse der Strategischen Umweltprüfung für 8 Gebiete bekannt, in denen ein Potential für Lithium identifizierte wurde. Es wurde festgestellt dass 6 dieser Gebiete, in den Bezirken Braga, Porto, Vila Real, Guarda, Castelo Branco und Coimbra, die Bedingungen erfüllen, um mit den Aufsuchungs- und Gewinnungsaktivitäten fortzufahren, woraufhin die DGEG den entsprechenden Vorschlag zum Ausschreibungsverfahren machte, welches nun innerhalb von 60 Tagen durchgeführt werden sollte. Bis dahin muss die Regierung das Ausschreibungsverfahren, einschließlich der entsprechenden Unterlagen (u.a. die genauen Vorgaben des Programmes und der Verdingungsunterlagen) gesetzlich regeln. Es obliegt daher dem für Bergbau zuständigen Ministerium, die Art des Ausschreibungsverfahrens, die entsprechenden Gebiete, die Bedingungen für die Zuteilung von privaten Aufsuchungs- und Gewinnungsrechten und die Kriterien für deren Ausschreibung - sowie den Wert der Kaution, um die Erfüllung der Verpflichtungen der möglichen Antragstellern zu gewährleisten - gesetzlich festzulegen. Es soll keine Einschränkungen zur Teilnahme der Interessenten an dem Ausschreibungsverfahren geben, vorausgesetzt sie erfüllen die Anforderungen des im Amtsblatt veröffentlichten Programmes. Zu beachten ist auch, dass bereits aus privater Initiative gestellte (und noch nicht genehmigten) Anträge auf Aufsuchungsrechte in Bezug auf einen Teil oder des Ganzen von der DGEG identifizierten Gebietes als verjährt gelten. Antragsteller in dieser Situation sollen im Rahmen des offenen Ausschreibungsverfahrens einen neuen Vorschlag einreichen. Der Betrieb von Lithiumminen wird jedoch weiterhin von der ansässigen Bevölkerung als bedrohlich wahrgenommen, daher ist es wichtig, dass alle interessierten Unternehmen in der Lage sind, der Bevölkerung Garantien in Bezug auf die Nachhaltigkeit des Projektes, sowie angemessene Entschädigungsmaßnahmen, zu bieten. Tereza Garcia André Associate Tereza.Andre@miranda lawfirm.com Diogo Xavier da Cunha Managing Partner Diogo.Cunha@mirandal awfirm.com

März | Nr. 1 2022 8 UMWELTRECHT Portugal Gesetz über die Grundlagen des Klimaschutzes Das portugiesische Gesetz über die Grundlagen des Klimaschutzes („Lei de Bases do Clima“ – Gesetz Nr. 98/2021 vom 31. Dezember) ist am 1. Februar 2022 in Kraft getreten und kommt der Anerkennung einer „Situation des klimatischen Notstands” gleich. Mit diesem Gesetz wurden Leitlinien für die portugiesische Klimapolitik im Hinblick auf den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und zur Klimaneutralität Portugals bis zum Jahr 2050 festgelegt. Dabei wurden – ausgehend von den Werten im Jahr 2005 – nationale Zielsetzungen für die Verringerung der Treibhausgasemissionen verankert, und zwar um mindestens 55 % bis 2030, 65 % bis 75 % bis 2040 und mindestens 90 % bis 2050. Des Weiteren wird zwischen 2045 und 2050 die Speicherung von mindestens 13 MegatonnenCO₂ durch Böden und Wälder angestrebt. Ferner sieht das Gesetz Maßnahmen zur Dekarbonisierung und zur Verringerung der Emissionen vor, insbesondere in den Bereichen Energie, Transportwesen und Mobilität, Industrie, Agrar- und Lebensmittelbranche, Wasser- und Abfallwirtschaft, Handel sowie in der öffentlichen Verwaltung. Hier die wichtigsten Maßnahmen im Überblick: 1. Verstärkte Förderung erneuerbarer Energien, wobei vorrangig das Meer für die Erzeugung von elektrischem Strom genutzt werden soll. 2. Verbot der Stromerzeugung mittels Kohle, und ab 2040 auch mittels fossiler Gase. 3. Beschränkung der Produktion und Vermarktung von Kraftstoffen oder Biokraftstoffen mit Palmöl oder anderen nicht nachhaltigen Lebensmittelkulturen. 4. Verbot neuer Konzessionen für die Erkundung und die Förderung von Erdöl und Erdgas. 5. Schaffung von „Verbotszonen für den Abbau mineralischer Rohstoffe“ und die Verpflichtung zu einer strategischen Umweltanalyse bei „Bergbauprojekten großen Ausmaßes“. 6. Beendigung der Vermarktung neuer PKWs, die ausschließlich mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, im Jahre 2035. 7. Einführung rückgabefähiger Kunststoffverpackungen. 8. Neue Pflichten, die den Unternehmen in Sachen Umwelt, soziale Belange und Governance auferlegt werden, sowie Bewertung ihres Verhaltens angesichts klimatischer Veränderungen. 9. Abwägung der Risiken klimatischer Veränderungen bei Planungs- und Investitionsentscheidungen mittels Prüfung einschlägiger gesetzlicher Bestimmungen und der großen staatlichen Investitionen. Siehe Fortzetzung auf der nächsten Seite Bruna do Carmo Bernardino Trainee bfbernardino@mlgts.pt Rui Ribeiro Lima Senior Lawyer rrlima@mlgts.pt

März | Nr. 1 2022 9 UMWELTRECHT Portugal Gesetz über die Grundlagen des Klimaschutzes (Fortzetzung) Im Rahmen der grünen Klimapolitik sind vorgesehen: 1. Progressive Abschaffung von Beihilfen und steuerlichen Vergünstigungen in Bezug auf fossile Brennstoffe. 2. Ein„Karbonpreis” für Mineralölerzeugnisse und Energieprodukte. 3. Einführung einer „grünen Einkommensteuer“ („IRS Verde”) mit Abzügen für ökologisch nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. 4. Steuervorteile zugunsten derjenigen, die den Wasser- und Energieverbrauch reduzieren. 5. Schaffung eines Finanzinstruments zur Stützung klimapolitischer Maßnahmen mit den Erlösen aus den Versteigerungen im Rahmen des Europäischen Emissionshandelssystems und der Luftfahrtbranche sowie mit den Kohlenstoffsteuern. 6. Öffentliche Gelder werden nach und nach nicht mehr für Vorhaben gewährt, die keinen ökologisch nachhaltigen Aktivitäten entsprechen. Bruna do Carmo Bernardino Trainee bfbernardino@mlgts.pt Rui Ribeiro Lima Senior Lawyer rrlima@mlgts.pt

März | Nr. 1 2022 IMMOBILIENRECHT Portugal Rechtslage der Ferienanlagen in Portugal Nur Touristische Anlagen dürfen sich Ferienanlagen (FA) nennen. Sie sind in Portugal baurechtlich privilegiert. Viele Bebauungspläne sehen vor, dass ein Grundstück ausnahmsweise bebaut werden darf, solange es sich um eine FA handelt. Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau erläutert die Gesetzeslage. Eine FA ist von einem sog. Alojamento-Local-Gewerbe (AL) zu unterscheiden. Solche sind gewerblich an Touristen vermietete Privatunterkünfte. Liegen aber die Voraussetzungen einer FA vor, muss eine entsprechende Lizenz beantragt werden. Gesetzlich vorgesehen und definiert sind: 1) Hotelbetriebe; 2) Touristische Dörfer; 3) Touristische Apartments; 4) Touristische Ressorts; 5) Wohntourismus-Betriebe; 6) Ferienanlagen im ländlichen Raum und 7) Camping- und Wohnwagenplätze. Zuständige Genehmigungsbehörde ist die Gemeinde. Zusätzlich ist sie für die Festlegung der Kapazität aller Anlagenarten sowie der Sternenanzahl (1 bis 5 Sterne, sog. Klassifizierung) zuständig. Die Klassifizierung ist für die Anlagen 1)-3) sowie für ländliche Hotels (Anlage 6)) zwingend. Nach Fertigstellung stellt der Bauherr Antrag auf Bauabnahme. Die Gemeinde erlässt dann die sog. Nutzungs-bewilligung. Die Klassifizierung hat innerhalb von 60 Tagen danach zu erfolgen. Die Aufsicht fertiggestellter FA obliegt der Polizeibehörde ASAE. Betreiber einer FA darf nur eine natürliche oder juristische Personen sein. Dieser ist für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften verantwortlich und darf allein die Vermarktung vornehmen. Bzgl. der Nutzungsaus-gestaltung besteht zwischen ihm und den Eigentümern ein Vermarktungsvertrag. Der Betreiber unterliegt den Vorschriften eines Verwalters von Wohnungseigentum. Er kann nur im Falle eines nachweisbaren Gesetzes-verstoßes von der Eigentümerversammlung abgesetzt werden. Er hat zu Gunsten der Eigentümer eine Kaution, z.B. eine Bankgarantie, zu leisten, die mögliche Schäden im Zusammenhang mit der Verwaltung der Anlage abdeckt. In der (obligatorischen) Jahreseigentümerversammlung hat der Betreiber u.a. seinen Verwaltungsbericht und die vollständige Kostenübersicht den Eigentümern zu überreichen. FA, die aus mehreren (grundbuch- und katasterrechtlich) eigenständigen Unterkunftseinheiten bestehen und deshalb oftmals im Eigentum verschiedener Personen stehen, unterliegen dem Inhalt des beim Grundbuch-amt hinterlegten sog. Gründungstitels der FA (muss auch eine sog. Nutzungsverordnung der Anlage enthalten) und subsidiär den Vorschriften über das sog. Wohnungseigentum. Kauf(vor) verträgen über eine Einheit muss der Gründungstitel in einfacher Abschrift sowie der aktuelle Jahresbetrag, den der Eigentümer der Einheit an den Betreiber entrichtet, beigefügt sein. Ist dies nicht der Fall, ist der Vertrag nichtig. (Vollständiger Text hier) Alexander Rathenau Advogado und Rechtsanwalt anwalt@rathenau.com 10

März | Nr. 1 2022 GESELLSCHAFTSRECHT Portugal Gesetzliche Änderungen bei der Gründung von Unternehmen und ständigen Vertretungen Mit dem Gesetzeserlass Nr. 109-D/2021 vom 9. Dezember wurde die Richtlinie (EU) 2019/1151 teilweise umgesetzt, indem ein Online-Registrierungssystem für ständige Vertretungen von im Ausland ansässigen Unternehmen geschaffen und mehrere Gesetze geändert wurden. Das oben genannte Gesetz schuf ein Online-Registrierungssystem für ständige Vertretungen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit Sitz im Ausland über eine Internetseite, die durch eine Verordnung des für den Bereich Justiz zuständigen Regierungsmitglieds festzulegen ist. Für die Registrierung der ständigen Vertretung, die Benennung und die Befugnisse der jeweiligen Vertreter können über die Internetseite die erforderlichen Unterlagen angefordert und übermittelt werden. Die betreffenden Unternehmen können über dieselbe Plattform auch Anträge auf Eintragung von Tatsachen stellen, die nach der Gründung der ständigen Vertretung eingetreten sind. Hierfür müssen sie stets die Unterlagen übermitteln, die die einzutragenden Tatsachen belegen. Nach der ersten Überprüfung der Identität und der Legitimität der betreffenden Unternehmen für den Vorgang sowie der Ordnungsmäßigkeit der vorgelegten Dokumente wird der Behördendienst die ständige Vertretung registrieren und die jeweiligen Vertreter benennen. Dieses Gesetz wird die Eintragung von Zweigniederlassungen erleichtern sowie die mit den Verfahren verbundenen Kosten, Zeit- und Verwaltungsaufwand verringern, indem der Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren auch im Bereich der Zweigniederlassungen eingeführt wird. Mit diesen Maßnahmen sollen die Mitgliedstaaten dazu angehalten werden, Informationen über Verfahren und Formalitäten im Zusammenhang mit der Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, der Eintragung von Zweigniederlassungen und der Einreichung von Dokumenten in digitaler Form zugänglich zu machen. Zu den geänderten gesetzlichen Bestimmungen gehört auch das Gesetzbuch für Handelsgesellschaften, das nun eine Erklärung über die Annahme der Position zur Geschäftsführung und Verwaltung vorschreibt, die von den Handelsregisterämtern bereits umgesetzt wird. Für die Eintragung der Bestellung von Geschäftsführern, im Falle von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, und von Vorstandsmitgliedern, im Falle von Aktiengesellschaften, ist es daher nunmehr erforderlich, die Urkunde über die Bestellung zusammen mit einer Erklärung über die Annahme der Bestellung und einer Erklärung, dass ihnen keine Umstände bekannt sind, die sie an der Ausübung der Funktion hindern könnten, vorzulegen, um die entsprechenden Eintragungen vorzunehmen. Siehe Fortzetzung auf der nächsten Seite Patricia Prates Malhadas Advogada geral@roedl.com 11

März | Nr. 1 2022 GESELLSCHAFTSRECHT Portugal Gesetzliche Änderungen bei der Gründung von Unternehmen und ständigen Vertretungen(Fortzetzung) Die Erklärung ist auch für die Eintragung der Ernennung von Vertretern erforderlich. Es muss ein Dokument vorgelegt werden, das die Ernennung, die jeweiligen Befugnisse und, wenn diese nicht darin enthalten sind, die Erklärung der Annahme der Ernennung und der Nichtkenntnis von Umständen, die sie an der Ausübung der Funktion hindern könnten, belegt. So ist neben der noch zu regelnden Möglichkeit, eine ständige Vertretung über eine elektronische Plattform einzurichten, nun auch eine Erklärung über die Annahme und das Nichtvorliegen von Hinderungsgründen für die Ausübung von Verwaltungspositionen in Gesellschaften erforderlich. Patricia Prates Malhadas Advogada geral@roedl.com 12

März | Nr. 1 2022 STEUERRECHT Portugal Stempelsteuer - Diskriminierung nicht ansässiger Unternehmen bei konzerninternen Finanzierungen Obwohl die meisten Finanzierungsgeschäfte der Stempelsteuer (Imposto do Selo) unterliegen, gibt es verschiedene Ausnahmen für kurzfristige (nicht länger als ein Jahr) gruppeninterne Geschäfte, einschließlich Cash-Pooling- Geschäfte. Der Anspruch auf die Befreiung ist u. a. an die Einhaltung der folgenden territorialen Anforderungen gebunden: a) Beide Parteien (Gläubiger und Schuldner) haben ihren Wohnsitz im Inland oder; b) Der Gläubiger hat seinen Sitz oder seine tatsächliche Geschäftsleitung (i) in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder (ii) in einem Staat, für den ein mit Portugal vereinbartes Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen gilt. Aufgrund dieser territorialen Anforderungen sind kurzfristige konzerninterne Finanzierungen unter anderem dann von der Steuerbefreiung ausgeschlossen, wenn (i) der Schuldner seinen Sitz außerhalb Portugal hat (ii) oder wenn der Gläubiger seinen Sitz außerhalb der Europäischen Union in einem Drittland hat, in dem kein DBA mit Portugal geschlossen wurde. In Bezug auf die erste Voraussetzung (Schuldner mit Sitz außerhalb des nationalen Staatsgebiets) ist die Rechtsprechung der Gerichte mehrheitlich zu dem Schluss gekommen, dass die Diskriminierung dieser Finanzierungsgeschäften gegen den Grundsatz des freien Kapitalverkehrs des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt. In diesem Sinne haben die Gerichte festgestellt, dass die Befreiung bezüglich der Stempelsteuer einen effektiven Steuervorteil darstellt, der nur einigen Steuerpflichtigen (bei Transaktionen, bei denen der Schuldner im Inland ansässig ist) zum Nachteil anderer (bei Transaktionen, bei denen der Schuldner nicht im Inland ansässig ist) gewährt wird. Ebenso wichtig ist, dass die Gerichte entschieden haben, dass es keinen objektiven Unterschied gibt, der eine differenzierte Behandlung rechtfertigen würde Infolgedessen wurden in den oben genannten Entscheidungen die Aufhebung der jeweiligen Stempelsteuer-Bescheide und die Rückerstattung der überzahlten Beträge festgesetzt. Es ist auch zu betonen, dass der Grundsatz des freien Kapitalverkehrs sowohl Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen Mitgliedstaaten als auch zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern untersagt. Siehe Fortzetzung auf der nächsten Seite António Gaspar Schwalbach Sócio ags@slcm.pt 14

März | Nr. 1 2022 STEUERRECHT Portugal Stempelsteuer - Diskriminierung nicht ansässiger Unternehmen bei konzerninternen Finanzierungen(Fortzetzung) Wir sind daher der Ansicht, dass diese Rechtsprechung auch Transaktionen nutzt, (i) bei denen die Schuldner in einem Drittland ansässig sind und (ii) in Fällen, in denen der Gläubiger in einem Drittland ansässig ist, ohne dass ein DBA mit Portugal geschlossen wurde. Schließlich stellen wir fest, dass die oben genannten Entscheidungen nur Auswirkungen auf die angefochtenen Bescheide haben und nicht unmittelbar anderen Steuerpflichtigen zugute kommen. Daher sollten Steuerpflichtige, die sich auf diese Rechtsprechung berufen wollen, die geeigneten Rechtsmittel ergreifen, um die Aufhebung der betreffenden Bescheide und die Erstattung der zu viel gezahlten Stempelsteuern zu gewährleisten. António Gaspar Schwalbach Sócio ags@slcm.pt 14

März | Nr. 1 2022 DIREITO LABORAL Deutschland Der Betriebsübergang–Auswirkungen auf Arbeitsverhältnisse Sowohl der Kauf eines Unternehmens oder einer eigenständigen Betriebseinheit als auch die vertragliche Übernahme von Dienstleistungen, die zuvor von einem anderen Unternehmen an einen Kunden erbracht wurden, können nach deutschem Arbeitsrecht einen Betriebsübergang darstellen. In diesem Fall geht die Position des Arbeitgebers bezüglich der zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen auf den neuen Betriebsinhaber bzw. das neue Dienstleistungsunternehmen über. Hierfür reicht es aber nicht aus, dass das neue Unternehmen einige Produktionsmittel, wie z.B. einige Maschinen, Materialien oder Mitarbeiter übernimmt, sondern es muss sich um die relevanten Produktionsmittel handeln. Je nach Art des Unternehmens kann es sich hier entweder um materielle Produktionsmittel handeln, die für das Unternehmen unerlässlich sind, wie Gebäude, Maschinen, Anlagen oder Lagerbestände, oder um immaterielle Vermögenswerte (Produktionsverfahren und/oder - organisation, Patente, Kontakte, Kunden usw.). In Branchen, in denen die Erbringung von Dienstleistungen ohne relevante Sachgüter überwiegt, ist nicht nur die Anzahl der Arbeitnehmer, welche von dem neuen Unternehmen übernommen werden, sondern auch die Kontinuität ihrer Struktur (also auch Arbeitnehmer mit besonderer Sachkunde, Vorarbeiter, usw.) entscheidend. Das Gesetz verlangt daher, dass die Identität der wirtschaftlichen Einheit fortgeführt wird. Bei einem Betriebsübergang gehen somit bestehende Arbeitsverträge automatisch mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Arbeitgeber über; Kündigungen sowohl durch den alten als auch durch den neuen Arbeitgeber sind unwirksam, wenn sie nur wegen des Betriebsübergangs erfolgen, bzw. mit dem Ziel, die zum Zeitpunkt der Kündigung bereits absehbaren Rechtsfolgen zu vermeiden. Das Recht zur Kündigung aus anderen Gründen bleibt aber unberührt. Eine Vereinbarung zur Aufhebung des bestehenden Arbeitsvertrags kann auch dann unwirksam sein, wenn ein neuer Vertrag mit dem Erwerber geschlossen wird, um die gesetzlichen Folgen zu umgehen, d.h. zur Vermeidung der Fortgeltung aller bestehenden Vertragsbedingungen, vor allem der Betriebszugehörigkeit und der Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes (das erst nach sechs Monaten Vertragslaufzeit gilt) oder der Anwendung eines bestimmten Tarifvertrags. Der bisherige oder der neue Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, die von dem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmern zuvor in Textform, unter Angabe des Zeitpunkts, des Grundes, der rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die Arbeitnehmer sowie der zu treffenden Maßnahmen zu unterrichten. Die Arbeitnehmer müssen jedoch ihren Übergang in ein anderes Unternehmen nicht akzeptieren; sie können hiergegen innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Unterrichtung Widerspruch erheben. Aufgrund all dieser rechtlichen Auswirkungen ist die vorherige juristische Überprüfung der Bedingungen eines Unternehmenskaufs oder eines Dienstleistungsvertrags absolut unerlässlich. 15 Maria de Fátima Veiga Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht mail@veiga-law.com

März | Nr. 1 2022 KURZNACHRICHTEN Deutschland Kurzarbeitergeld Durch Verlängerung von Sonderregelungen zum Kurzarbeitergeld werden bis zum 30. Juni 2022 unter anderem weiterhin erleichterte Zugangsvoraussetzungen gelten. Dies trägt zu mehr Planungssicherheit in Unternehmen bei. Weitere Informationen hierzu finden Sie hier. Corona-Steuerhilfen Im Kabinett wurde beschlossen weitere Corona-Steuerhilfen auf den Weg zu bringen. Vorgesehen sind die Steuerfreistellung bestimmter Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld sowie bestimmter Zuwendungen des Arbeitgebers an Pflegekräfte. Weiter vorgesehen sind verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für betriebliche Investitionen und die Fortsetzung der steuerlichen Regeln zur Arbeit im Homeoffice. Auch 2022 sollen Steuerpflichtige für jeden Kalendertag, an dem sie ausschließlich zuhause arbeiten, eine Pauschale in Höhe von fünf Euro geltend machen können, maximal jedoch nur 600 Euro. Weitere Informationen hierzu finden Sie hier. 16

März | Nr. 1 2022 14 Disclaimer Die AHK Portugal haftet nicht für den Inhalt der Beiträge und/oder der Webseiten, die mit den Links verbunden sind. Datenschutz Die Daten und Beiträge, die in diesem Dokument aufgeführt sind, haben ausschließlich den Zweck, den Adressaten zu informieren. Die Daten werden elektronisch verwaltet gemäß den Vorschriften der DatenschutzGrundverordnung und dem portugiesischen Gesetz Nr. 58/2019 (portugiesisches Ausführungsgesetz zur Datenschutz-Grundverordnung). Falls der Adressat das Zusenden des Newsletters nicht erwünscht und/oder seine Daten aus der Datenbank der AHK Portugal gelöscht haben möchte, so bitten wir, uns dies über die auf unser Internetseite angegebene EMail-Adresse mitzuteilen. Ausgabe AHK Portugal Avenida da Liberdade 38/2 1269-039 Lisboa Abteilung Recht & Steuern Caroline Cöster Domingues (Leiterin) caroline-domingues@ccila-portugal.com Tel: +351 213 211 207 Allgemeiner Kontakt Tel: +351 213 211 200 Fax: +351 213 467 150 infolisboa@ccila-portugal.com www.ccila-portugal.com

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