Recht & Steuern Newsletter 4

Juni | Nr. 4 de 2023

Juni | Nr. 4 2023 INHALTSVERZEICHNIS GESELLSCHAFTSRECHT 4 | Portugal: Die lokalen Unterkünfte in Porto MARKEN- UND PATENTRECHT 5 | Portugal: Einheitliches Patent - Ein Antrag, eine Wirkung für 25 Mitgliedstaaten GEWERBLICHER RECHTSSCHUTZ 7 | Portugal: Innovation, Schutz und jetzt Erstattung IMMOBILIENRECHT 8 | Portugal: Erwerb einer Immobilie. Einige praktische Tipps für einen erfolgreichen Kauf 10 | Deutschland: Übereignung von Wirtschaftsgütern beim Unternehmenskauf/ sog. Asset Deals STEUERRECHT 11 | Portugal: Auch wenn ein Antrag auf den Eintrag als Residente Não Habitual nach Ablauf der gesetzlichen Frist gestellt wird, können Steuerpflichtige ihren Anspruch auf diesen steuerlichen Sonderstatus geltend machen WETTBEWERBSRECHT 13 | Portugal: Das Verfahren für die vorherige Anmeldung der Durchführung von M & A-Transaktionen COMPLIANCE 15 | Deutschland: Lieferkettenrecht: Neue ESG-Anforderungen an Lieferanten deutscher Unternehmen KURZNACHRICHTEN 16 | Deutschland: Der Mindestlohn in Deutschland steigt voraussichtlich in zwei Stufen Erhöhung der gesetzlichen Rente ab 1. Juli 2023 Einfuhr nur für entwaldungsfreie Produkte 3

Juni | Nr. 4 2023 GESELLSCHAFTSRECHT Portugal Die lokalen Unterkünfte in Porto Die Stadtverwaltung von Porto und andere Gemeinden haben die Städtische Verordnung für das nachhaltige Wachstum des Lokalen Unterkunfts – „Regulamento Municipal para o Crescimento Sustentável do Alojamento Local“ - (im Folgenden „RMAL Porto") - die Regelung Nr. 495-A/2023 vom 3. Mai 2023 – genehmigt, die neue Regeln für die Einrichtung Lokaler Unterkünfte (im Folgenden "AL") in der Stadt Porto festlegt und die Stadtbezirke in "Einschlussgebiete" ("Áreas de Contenção") und "nachhaltige Wachstumsgebiete" ("Áreas de Crescimento Sustentável") unterteilt.In den "Einschlussgebieten", die den Stadtbezirken des historischen Zentrums von Porto - Miragaia, Santo Ildefonso, São Nicolau, Sé und Vitória - entsprechen, können keine neuen ALEintragungen genehmigt werden, außer in spezifischen und ausführlich beschriebenen Ausnahmen in dieser Verordnung und unter der Voraussetzung, dass in den letzten drei Jahren kein Miet- oder Leihvertrag zu Wohnzwecken in diesen Gebäuden/Fraktionen in Kraft war. Beispielsweise ist es möglich, eine "AL-Eintragung" zu erhalten, wenn der Antrag ein ganzes Gebäude betrifft, das seit mehr als drei Jahren völlig leer steht, oder wenn der Antrag ein ganzes Gebäude betrifft, an dem in den letzten zwei Jahren Renovierungsarbeiten durchgeführt wurden, durch die der Erhaltungszustand um zwei Stufen aufgehoben werden konnte, und das sich in einem schlechten oder mangelhaften Erhaltungszustand befand. Die Entscheidung über die Erteilung von neuen Eintragungen soll innerhalb von 60 Tagen nach dem Antrag getroffen werden. Zuvor wird eine Inspektion durchgeführt, um zu überprüfen ob die in der " Gesetzlichen Regelung für den Betrieb von Lokalen Unterkünften" festgelegten Anforderungen erfüllt sind. In nachhaltigen Wachstumsgebieten können neue AL-Eintragungen bis zur maximalen Anzahl des jeweiligen numerus clausus ausgestellt werden. Der numerus clausus jeder Gemeindeteil entspricht einem Druckverhältnis von weniger als 15 %, das auf der Grundlage der Anzahl der bestehenden Unterkünfte und der Anzahl der Gebäude mit installierten Wassermessern, die für die Eigentumswohnung oder die langfristige Vermietung zur Verfügung stehen, ermittelt wird. So sind neue AL-Eintragungen bis zu einer Höchstgrenze von 905 Eintragungen in Aldoar, 2411 in Bonfim, 2594 in Campanhã, 2414 in Cedofeita, 887 in Foz do Douro, 1690 in Lordelo do Ouro, 690 in Massarelos, 382 in Nevogilde, 4296 und, Paranhos und 2967 in Ramalde zulässig. 4 Benedita Pessanha Senior Associate Lawyer benedita.pessanha@abreu advogados.com

Juni | Nr. 4 2023 MARKEN- UND PATENTRECHT Portugal Einheitliches Patent - Ein Antrag, eine Wirkung für 25 Mitgliedstaaten Am 17. Februar dieses Jahres hat Deutschland die Ratifizierungsurkunde für das Übereinkommen über das Einheitliche Patentgericht, beim Rat der Europäischen Union hinterlegt, sodass das neue Einheitspatentsystem am 1. Juni in Kraft getreten ist. Die Patentanmeldung wird mit dem Einheitspatentsystem vollständig zentralisiert, sowohl in der Phase vor der Erteilung, in der die Anmeldung beim Europäischen Patentamt eingereicht wird, als auch in der Phase nach der Erteilung, in der es nicht mehr notwendig ist, die Benennung und Validierung in jedem Mitgliedstaat vorzunehmen. Einige der Hauptvorteile des Einheitspatentsystems liegen in der Entbürokratisierung und Vereinfachung des Anmeldeverfahrens. So ist es nicht mehr notwendig die Anmeldung in jedem einzelnen Mitgliedstaat zu validieren. Zudem ist nur noch eine einzige Gerichtsgebühr zu entrichten. Außerdem ist davon auszugehen, dass die Rechtssicherheit aufgrund der geringeren Komplexität des Systems steigen wird, da die Entscheidungsmacht über die Gültigkeit und mögliche Verletzungen des geistigen Eigentums ebenfalls bei einem einzigen Gericht, dem Einheitlichen Patentgericht, zentralisiert werden. Zugleich zeichet sich ab, dass die Einführung des Einheitlichen Einheitspatentsystems einige Nachteile, insbesondere für den portugiesichen Markt, mit sich bringen wird. Diese Nachteile können sich aus der Erweiterung des territorialen Geltungsbereichs des neuen Einheitspatentsystems, insbesondere für portugiesische KMU, ergeben, wenn diese nicht über die finanziellen Mittel für eine Patentanmeldung verfügen. Angesichts der zahlreichen auf dem portugiesischen Terretorium geltenden Patente besteht das Risiko, dass diese Unternehmen an der Erforschung ihrer (nicht patentierten) Erfindungen gehindert werden und dies letztlich in einem Ausbremsen portugiesischer Innovationen resultiert. Ein weiterer Nachteil ist der Kostenanstieg für die Überprüfung der Nichtverletzung von Patenten. Die regelmäßige Überprüfung bestehender Patente ist nötig und nunmehr mit Sprachbarrieren verbunden, da das Einheitspatentregister nicht in portugiesischer Sprache geführt wird. Daraus folgen ein gesteigertes Verletzungsrisiko und ein Kostenanstieg für die Lizenzierung der Nutzung bestehender portugiesischer Patente. Auch die Einrichtung des Einheitlichen Patentgerichts bringt einige Nachteile mit sich, die aus Reise- und Übersetzungskosten, sowie der Tatsache resultieren, dass die Verfahrenssprachen ausschließlich Französisch, Englisch und Deutsch sind. 5 Filipa Conde Lencastre Of Counsel flencastre@adcecija.pt Ana Bastos Partner abastos@adcecija.pt Márcia Lomba Senior Associate mlomba@adcecija.pt (Siehe Fortsetzung auf der nächsten Seite)

Juni | Nr. 4 2023 MARKEN- UND PATENTRECHT Portugal Einheitliches Patent - Ein Antrag, eine Wirkung für 25 Mitgliedstaaten(Forts.) Bislang gilt das Einheitspatent für die Mitgliedstaaten, die ihre Ratifizierungsurkunde bereits hinterlegt haben. Dabei handelt es sich um Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Portugal, Slowenien und Schweden. Auch Zypern, Tschechische Republik, Griechenland, Ungarn, Irland, Polen, Rumänien und die Slowakei werden das Einheitspatentverfahren anwenden. Länder wie das Vereinigte Königreich, Spanien, die Schweiz, die Türkei und Kroatien werden jedoch nicht Mitglied des Einheitspatentsystems sein, so dass sich für diese Länder das Patentanmeldeverfahren im Zusammenhang mit dem Einheitspatentsystem nicht ändern wird. Daher ist ein spezialisierter Rechtsbeistand von Anfang an unverzichtbar, um doppelte Kosten und doppelte Arbeit zu vermeiden. Dies gilt sowohl im Anmeldeverfahren selbst ab dem Zeitpunkt der Recherche, um mögliche Ähnlichkeiten mit Prioritätsregistrierungen zu verstehen, als auch bei der Abfassung der Anmeldungen, um von Anfang an die geltenden rechtlichen Anforderungen zu erfüllen, sowie bei der Beratung zur Vermeidung möglicher Verletzungen gewerblicher Schutzrechte Dritter. 6 Filipa Conde Lencastre Of Counsel flencastre@adcecija.pt Ana Bastos Partner abastos@adcecija.pt Márcia Lomba Senior Associate mlomba@adcecija.pt

Juni | Nr. 4 2023 GEWERBLICHER RECHTSSCHUTZ Portugal Innovation, Schutz und jetzt Erstattung Der Formen- und Kunststoffsektor ist nachweislich eine der wichtigsten Triebfedern der nationalen Wirtschaft und nimmt einen Platz auf dem Podium der größten Hersteller in Europa ein. Für seine Protagonisten ist die Notwendigkeit, in Innovation zu investieren, unabdingbar, damit diese Rangliste Realität bleibt Innovation ist in der Tat der wichtigste Faktor für die Entwicklung von Unternehmen, denn sie ermöglicht die Schaffung von Werten und die Anziehung neuer Geschäftsfelder und Märkte. Gewerbliches Eigentum spielt in diesem Zusammenhang eine sehr wichtige Rolle, da es den Schutz von Erfindungen - die aus einem völlig neuen Forschungsprozess oder der Verbesserung von Produkten und Verfahren resultieren können - durch Patente ermöglicht. Damit Investitionen in gewerbliche Eigentum Teil der jährlichen Agenda eines Unternehmens werden, ist es wichtig, dass es Instrumente zur Innovationsförderung gibt, die sich auf praktische und schnelle Weise in direkte finanzielle Unterstützung für Unternehmen umwandeln. Die große Neuigkeit im Jahr 2023 betrifft die Öffnung des EUIPO-FONDS für den Patentschutz. Dieser Fonds, der sich an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) richtet, die ein nationales oder europäisches Patentanmeldeverfahren einleiten möchten, sieht eine Erstattung von 75 % bis zu einem Höchstbetrag von 1 500 € der amtlichen Gebühren vor, die von den jeweiligen Instituten, bei denen die Anmeldung eingereicht wird, pro Antragsteller erhoben werden. Der EUIPO-FONDS zeichnet sich vor allem durch den einfachen Zugang zum Antrag, die Schnelligkeit seiner Genehmigung und Erstattung sowie seine hohe Genehmigungsquote aus. Ein KMU-Unternehmen, das eine Patentanmeldung einreichen möchte, muss den Antrag im Voraus beim EUIPO-FONDS einreichen, indem es ein entsprechendes Formular ausfüllt, das die Identität des Unternehmens und seine IBAN für die Erstattung, eine KMU-Erklärung und eine Mehrwertsteuerbescheinigung enthält. Innerhalb von etwa 15 Arbeitstagen wird die Entscheidung über die Genehmigung oder Ablehnung des FONDS bekannt gegeben, und innerhalb von 30 Tagen nach dem Datum des Antrags erfolgt im Falle der Genehmigung die Erstattung der amtlichen Gebühren. Bei einer europäischen Patentanmeldung, die 1595 € an amtlichen Gebühren umfasst, beträgt der erstattete Betrag 1196,25€. Die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen 2023 endet am 8. Dezember 2023 und ist auf einen Betrag von 25 Millionen Euro begrenzt, mit der Androhung, dass sie zu einem früheren Zeitpunkt abgeschlossen werden kann, wenn das Gesamtbudget vor Ablauf dieses Zeitraums aufgebraucht ist So wie es bei einer Patentanmeldeverfahren sehr ratsam ist, auf ein Team offizieller Vertreter für gewerbliches Eigentum zurückzugreifen, sollte der Antrag beim EUIPO-FONDS von demselben Team begleitet werden, das auch für die Vorbereitung und Einreichung von Anträgen beim Fonds zuständig ist, um das gesamte Verfahren bis zur Genehmigung zu beschleunigen. 7 Filipa Pereira Patentberaterin info@jpcruz.pt

Juni | Nr. 4 2023 IMMOBILIENRECHT Portugal Erwerb einer Immobilie. Einige praktische Tipps für einen erfolgreichen Kauf Der Erwerb einer Immobilie erfolgt nicht selten über ein Maklerbüro, aber bekanntlich nicht immer, gibt es doch auch Situationen, in denen der Käufer direkt vom Verkäufer erwerbt. Andererseits ist es offensichtlich, dass die Einschaltung eines Maklerbüros dem Kaufinteressenten eine gewisse Sicherheit gibt; dennoch ist es immer angebracht, bei der Unterzeichnung des jeweiligen Dokuments, namentlich des Kaufvorvertrags, eine gewisse Sorgfalt walten zu lassen. Die erste Frage, die der Käufer aus rechtlicher Sicht klären sollte, ist die rechtliche Situation der Immobilie beim Grundbuchamt, der Finanzbehörde und der zuständigen Gemeindeverwaltung. Zwar werden die entsprechenden Dokumente in der Regel vom Verkäufer oder Makler übermittelt, doch kommt es häufig vor, dass die Gültigkeit des Online-Grundbuchsauszugs abgelaufen ist oder dass die Liegenschaftshefte (Finanzamt) veraltet sind und daher nicht die aktuelle Rechtslage der Immobilie nachweisen. Was die Eintragung der Immobilie im Grundbuch angeht, kann durch den entsprechenden aktuellen Auszug bestätigt werden, ob die Verkäufer tatsächlich die Eigentümer sind und ob die verkaufsgegenständliche Immobilie frei von Belastungen und Lasten ist, wie Hypotheken und eventuellen gerichtlichen Pfandrechten. Was die von den Finanzbehörden ausgestellte "caderneta matricial" (Liegenschaftsheft) betrifft, so lassen sich einige Eigenschaften der Immobilie im Detail anhand dieses Immobilienausweises überprüfen, wie z. B. die Abmessungen (im Grundbuchauszug werden nur einige Angaben zu den Merkmalen der Immobilie gemacht, jedoch nicht in so detaillierter Form). Bei Zweifeln über die Eigentumsverhältnisse an der Immobilie ist in jedem Fall aber der Grundbuchauszug maßgeblich. Was schließlich die Nutzungsgenehmigung (Gemeindeverwaltung) anbelangt, so ist diese in den meisten Fällen obligatorisch, um den endgültigen Kaufvertrag unterzeichnen zu können, wenn die Immobilie nach dem Inkrafttreten der Allgemeinen Regelung für städtische Gebäude vom 7. August 1951 gebaut wurde. Die zweite Frage betrifft den Kaufvorvertrag, ist dieser doch bei Immobiliengeschäften durchaus üblich. Dieser Kaufvorvertrag wird, was seinen Inhalt betrifft, oft ohne die Einschaltung eines Anwalts abgeschlossen, was jedoch einige Risiken birgt. Es ist jedoch erforderlich, dass die Unterschriften der Vertragsparteien persönlich, etwa von einem Rechtsanwalt beglaubigt werden und dass die Stelle, die diese Beglaubigung vornimmt, das Vorliegen der jeweiligen Nutzungs- oder Baugenehmigung nachprüft. In der Praxis werden letztgenannte Formalitäten oft übersprungen. In der Tat kommt es dann häufig zu Rechtsstreiten, weil der Inhalt des jeweiligen Kaufvorvertrags die Interessen und Rechte einer der Parteien nicht angemessen schützt. 8 Marco Lacomblez Leitão Advogado mll@mlladvogados.com (Siehe Fortsetzung auf der nächsten Seite)

Juni | Nr. 4 2023 IMMOBILIENRECHT Portugal Erwerb einer Immobilie. Einige praktische Tipps für einen erfolgreichen Kauf (Forts.) In diesem Sinne ist es sehr wichtig, dass beide Parteien in dieser Phase von einem Rechtsanwalt / einer Rechtsanwältin unterstützt werden. Einer der häufigsten Fehler besteht darin, dass die Unterzeichnung des endgültigen Kaufvertrags nicht sachgemäß geplant wird, d. h. wer den Termin für die Unterzeichnung des Kaufvertrags festlegt, wer den Vertrag formalisiert, welche Abschlussfrist gilt, wie lange vorher und auf welche Weise die andere Partei benachrichtigt werden muss. 9 Marco Lacomblez Leitão Advogado mll@mlladvogados.com

Juni | Nr. 4 2023 IMMOBILIENRECHT Deutschland Übereignung von Wirtschaftsgütern beim Unternehmenskauf/ sog. Asset Deals Während beim Share Deal ein Unternehmen dadurch übertragen wird, dass der Verkäufer die von ihm gehaltenen Anteile an der das betreffende Unternehmen haltenden Gesellschaft dem Käufer überträgt, werden beim Asset Deal die einzelnen zum verkauften Unternehmen gehörenden Wirtschaftsgüter auf den Käufer übertragen. Das oberste deutsche Zivilgericht hat kürzlich erneut hervorgehoben, dass beim Asset Deal für eine wirksame Übereignung der zum Unternehmen gehörenden beweglichen Sachen dem Bestimmtheitsgrundsatz Genüge getan werden muss. Dies bedeutet, dass allein aufgrund der Beschreibung im Vertrag (einschließlich seiner Anlagen) ohne weiteres erkennbar sein muss, welche Sachen auf den Käufer übergehen sollen. Für eine wirksame Übereignung beweglicher Sachen ist es nicht ausreichend, lediglich die Bezeichnung „gesamtes Inventar“ oder „gesamte Vorräte“zu verwenden. Eine dem Bestimmtheitsgrundsatz genügende Individualisierung beweglicher Sachen hat sich in der Praxis herausgebildet: • Hochwertige Sachen - z.B. Maschinen – lassen sich durch Hersteller-Angaben ((Typenbezeichnung/ Seriennummer) –individualisieren. • Alle anderen Gegenstände können durch räumliche Eingrenzung definiert werden, etwa durch Regelung: „ alle Vorräte an Baustoffen, die sich am Tag X Null Uhr im Lagerhaus Y (Adresse) befinden.“ In vorstehenden Beispielen ist aufgrund der Beschreibung im Vertrag auch für Außenstehende ohne weiteres erkennbar, welche Gegenstände übereignet werden sollen. Auf die hier dargelegte Spezifizierung sollte der Käufer Wert legen, damit klar ist, wofür er den Kaufpreis bezahlt hat, und rechtliche Streitigkeiten vermieden werden. 10 Sönke Friedl Rechtsanwalt friedl.hr-law@gmx.de

Juni | Nr. 4 2023 STEUERRECHT Portugal Auch wenn ein Antrag auf den Eintrag als Residente Não Habitual nach Ablauf der gesetzlichen Frist gestellt wird, können Steuerpflichtige ihren Anspruch auf diesen steuerlichen Sonderstatus geltend machen Der Status Residente Não Habitual (RNH, nicht gewöhnlich Ansässiger) sieht eine günstige Einkommenssteuerregelung für Personen vor, die ihren steuerlichen Wohnsitz nach Portugal verlegen und Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit, passive Einkünfte bzw. ein Ruhegehalt beziehen. Als Residente Não Habitual anerkannte Steuerpflichtige, die in Portugal Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit und gewerbliche oder freiberufliche Einkünfte aus Tätigkeiten mit hohem Mehrwert wissenschaftlicher, künstlerischer oder technischer Art erzielen, können von einem pauschalen Steuersatz von 20 % profitieren, der auf den Nettobetrag der erzielten Einkünfte erhoben wird. Für Steuerpflichtige, die Ruhegehälter beziehen, gilt ein pauschaler Steuersatz von 10 %, außerdem gibt es weitere Vergünstigungen für im Ausland erzielte Einkünfte. Folgende Voraussetzungen sind für den Erwerb des Sonderstatus erforderlich: • Steuerwohnsitz davor in Portugal im portugiesischen Staatsgebiet; • in keinem der fünf Jahren wohnhaft. Die portugiesische Steuerbehörde schreibt dabei vor, dass der Antrag bis zum 31. März des Folgejahres einzureichen ist, in dem der Steuerpflichtige seinen Steuerwohnsitz in Portugal angemeldet hat. Wenn ein Steuerpflichtiger also beispielsweise im Jahr 2022 seinen Steuerwohnsitz nach Portugal verlegt hat, müsste er bis zum 31. März 2023 einen Antrag auf die Eintragung als RNH stellen. Aber was, wenn der Antrag auf den RNH-Status nicht bis Ende März eingereicht wird? Selbst wenn Steuerpflichtige die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieser Steuerregelung erfüllt haben, hat die Steuerbehörde in der Vergangenheit die Gewährung des steuerlichen Sonderstatus mit der Begründung abgelehnt, dass der Antrag nach dem 31. März eingereicht und somit nicht rechtzeitig gestellt wurde. Das portugiesische Schiedsgericht für Steuerangelegenheiten (Centro de Arbitragem Administrativa, CAAD) hat jedoch unlängst vier Entscheidungen gefällt, die den Steuerzahlern Recht geben und es ihnen erlauben, die Steuerregelung in Anspruch zu nehmen, auch wenn sie die Frist bis zum 31. März nicht eingehalten haben, und zwar innerhalb des im Gesetz vorgesehenen Zeitraums von zehn Jahren. 11 Vitor Oliveira Trainee lawyer vitor.oliveira@roedl.com António Matos Lawyer / Tax Department antonio.matos@roedl. com (Siehe Fortsetzung auf der nächsten Seite)

Juni | Nr. 4 2023 STEUERRECHT Portugal Auch wenn ein Antrag auf den Eintrag als Residente Não Habitual nach Ablauf der gesetzlichen Frist gestellt wird, können Steuerpflichtige ihren Anspruch auf diesen steuerlichen Sonderstatus geltend machen (Forts.) Das CAAD-Schiedsgericht vertritt die Auffassung, dass die Nichteinhaltung dieser Frist kein Grund für die Ablehnung des Antrags auf Gewährung der RNH-Steuervergünstigung sein darf, sondern dass die verspätete Einreichung des Antrags lediglich eine Steuerordnungswidrigkeit darstellt. Diese Position des CAAD eröffnet somit Steuerpflichtigen, deren Antrag auf den RNH-Status abgelehnt wurde oder die ihn nicht gestellt haben, weil die Frist des 31. März bereits verstrichen war, die Möglichkeit, in den Genuss der Steuervorteile dieser Sonderregelung zu kommen. 12 Vitor Oliveira Trainee lawyer vitor.oliveira@roedl.com António Matos Lawyer / Tax Department antonio.matos@roedl. com

Juni | Nr. 4 2023 WETTBEWERBSRECHT Portugal Das Verfahren für die vorherige Anmeldung der Durchführung von M & A-Transaktionen Bisher verfügte die EU lediglich über ein System zur Kontrolle der von den Mitgliedstaaten gewährten staatlichen Beihilfen, das verhindern sollte, dass diese Beihilfen die Bedingungen des freien Wettbewerbs auf dem Gemeinschaftsmarkt untergraben. Die von Drittländern geplanten staatlichen Beihilfen wurden nicht geprüft, was die Wirksamkeit des bestehenden Systems in Frage stellte. Mit anderen Worten: Bislang gab es in der EU keine Instrumente zur Bekämpfung von Wettbewerbsverzerrungen, die sich aus ausländischen Subventionen für im Binnenmarkt tätige Unternehmen ergeben. Mit der Anwendung, ab dem kommenden 12. Juli, der Verordnung (EU) 2022/2560 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen (auch bekannt als Foreign Subsidies Regulation), beabsichtigt die Europäische Union einen gravierenden Schritt im Kampf gegen Marktverzerrungen, die durch Subventionen aus Drittländern verursacht werden, zu unternehmen. Sie sieht daher Verfahren vor, die darauf abzielen, ausländische Subventionen, die den Binnenmarkt tatsächlich oder potenziell verzerren, zu untersuchen und die festgestellten Verzerrungen zu korrigieren. Von den eingeführten Mechanismen ist für künftige M&ATransaktionen vor allem das Verfahren der Voranmeldung bestimmter M&A-Transaktionen (sogenannte Zusammenschlüsse) von Bedeutung. Gemäß der Verordnung müssen ab dem 12. Oktober 2023 geplante, aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollzogene M&A-Transaktionen, an denen (i) ein in der EU niedergelassenes Unternehmen mit einem Umsatz von 500 Millionen Euro und (ii) Unternehmen beteiligt sind, die zusammen und in den vorangegangenen drei Jahren Extra-EU-Subventionen in Höhe von mehr als 50 Millionen Euro erhalten haben, bei der Europäischen Kommission vorab angemeldet werden. Nach Eingang der Anmeldung hat die Europäische Kommission 25 Arbeitstage Zeit, um zu entscheiden, ob sie eine eingehende Untersuchung des betreffenden Vorhabens einleitet oder keine Einwände gegen die Durchführung des Vorhabens erhebt. Entscheidet sie sich für eine eingehende Untersuchung, wird das Vorhaben für einen Zeitraum von bis zu 105 Arbeitstagen (und sogar mehr) ausgesetzt, damit die Kommission die fraglichen ausländischen Zuschüsse bewerten und alle ihr geeignet erscheinenden Informationen einholen kann. Nach einer eingehenden Prüfung kann die Kommission beschließen, den Zusammenschluss zu untersagen (wenn sie der Auffassung ist, dass der Zusammenschluss aus Gründen, die mit der Gewährung ausländischer Subventionen zusammenhängen, den Binnenmarkt verfälschen könnte), keinen Einspruch zu erheben (indem sie ihn genehmigt) oder ihn vorbehaltlich der Erfüllung einer Reihe von Bedingungen oder Verpflichtungen zu genehmigen. 13 Diogo Damião Managing Associate, Leiter German Desk d.damiao@telles.pt Rodrigo Rocha Andrade Associate, Dozent an der juristischen Fakultät der Universität Porto, Forscher am CIJE r.andrade@telles.pt (Siehe Fortsetzung auf der nächsten Seite)

Juni | Nr. 4 2023 WETTBEWERBSRECHT Portugal Das Verfahren für die vorherige Anmeldung der Durchführung von M & A-Transaktionen (Forts.) Die Durchführung einer anmeldepflichtigen Transaktion vor der Genehmigung könnte die Kommission dazu veranlassen, die Auflösung des Zusammenschlusses zu verlangen, die Einhaltung anderer geeigneter Maßnahmen anzuordnen, um die Wiederherstellung des Status quo ante zu gewährleisten, oder vorläufige Maßnahmen und Geldbußen von bis zu 10% des Umsatzes gegen die säumigen Unternehmen zu verhängen. Es handelt sich also nicht nur um ein weiteres Verfahren, das in die (immer komplexer werdenden) M&A-Verhandlungen einzubeziehen ist, sondern um ein Verfahren, das eine zentrale und grundlegende Bedeutung für die Kosten, das Timing und die Durchführung der Transaktionen erlangen kann. 14 Diogo Damião Managing Associate, Leiter German Desk d.damiao@telles.pt Rodrigo Rocha Andrade Associate, Dozent an der juristischen Fakultät der Universität Porto, Forscher am CIJE r.andrade@telles.pt

Juni | Nr. 4 2023 COMPLIANCE Deutschland Lieferkettenrecht: Neue ESG-Anforderungen an Lieferanten deutscher Unternehmen Der Bereich der sog. ESG-Compliance gewinnt an Bedeutung und hat nicht nur Auswirkungen auf die Governance-Struktur von Unternehmen sondern insbesondere auch auf internationale Lieferbeziehungen. Treiber der Entwicklung ist die Europäische Union: Gerade im Juni in Kraft getreten ist die neue Entwaldungsverordnung (EU) 2023/1115, die wir in einer kommenden Ausgabe des Newsletters kurz vorstellen werden. Sie verbietet das Inverkehrbringen und den Handel mit bestimmten Rohstoffen und Erzeugnissen, wenn diese von entwaldeten Flächen stammen. Noch mitten im Gesetzgebungsprozess steckt die Richtlinie zu Sorgfaltspflichten in den Lieferketten – die EU CSDDD – das europäische Pendant zum deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Ergänzend befindet sich eine Zwangsarbeitsverordnung in der Mache: Danach werden künftig Produkte, die aus Zwangsarbeit herrühren oder Komponenten enthalten, die aus Zwangsarbeit stammen, auf dem europäischen Markt mit einem Verkehrsverbot belegt. Gemeinsamer Nenner des Lieferkettenrechts ist, dass sich in jeder Wertschöpfungskette der Fokus vom Produkt und dessen Qualität auf den Produktionsprozess verlagert bzw. erweitert. Künftig genügt es also nicht mehr, dass die Tafel Schokolade gut schmeckt und einem das Handy nicht am Ohr explodiert. Nein: Es wird auch erwartet, dass der gesamte Produktionsprozess im Einklang mit den Anforderungen an sozio-ökologische Compliance steht. Wir stehen am Anfang dieser Entwicklung, aber in naher Zukunft wird der Verstoß von Arbeitsschutzvorschriften bei der Herstellung von Schuhwerk in Nordportugal oder die Herkunft eines Sojalecithins von einer brandgerodeten Fläche in Brasilien genauso einen justiziablen Mangel zur Folge haben wie heute ein Glassplitter im Produkt. NGOs werden diesen Ball aufnehmen, wie in Deutschland nun täglich zu beobachten ist: Furore machten die so jüngst gestarteten Ermittlungen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gegen Amazon und IKEA. Bislang herrscht in Portugal die Auffassung vor, dass die hiesige Zuliefererindustrie das LkSG bereits gut aufgestellt seien und kaum Handlungsbedarf haben. Die Fakten sehen anders aus: Die Anforderungen der ESG-Compliance und Nachhaltigkeit, insbesondere jene des LkSG, werden zur Zeit hart zwischen betroffenen Unternehmen und den Tier 1 Lieferanten verhandelt. Es ist abzusehen, dass sich die zu beobachtenden Spannungen in der Lieferkette fortsetzen, da sich kein Unternehmen dauerhaft unkontrollierte Lieferketten mehr leisten kann. Portugiesische Unternehmen werden hiervon nicht verschont werden, dafür sorgt auch der europäische Gesetzgeber. Jedenfalls die Teile der portugiesischen Wirtschaft, die im größerem Umfang deutsche Kunden beliefern, sind schon heute gut beraten, das LkSG als Blaupause eines eigenen sozio-ökologischen Risikomanagements zu nehmen. Erster Schritt ist in unserer Erfahrung eine Bestandsaufnahme und Vorfiltrierung der menschenrechtlichen Risiken, die mit den richtigen Instrumenten kosteneffizient durgeführt werden kann. 15 Dr. Stephan Schäfer Fachanwalt für Handelsund Gesellschaftsrecht, Head of Portuguese Desk schaefer@zenk.com

Juni | Nr. 4 2023 KURZNACHRICHTEN Deutschland Der Mindestlohn in Deutschland steigt voraussichtlich in zwei Stufen Die Mindestlohnkommission schlägt vor den Mindestlohn in Deutschland zum 1. Januar 2024 auf 12,41 Euro brutto pro Stunde zu erhöhen. Ein Jahr später soll der Mindestlohn auf 12,82 Euro angehoben werden. Nach dem Mindestlohngesetz berät die Unabhängige Mindestlohnkommission alle zwei Jahre, um der Bundesregierung dann die Anpassung der Lohnuntergrenze vorzuschlagen. Der Bundesarbeitsminister Heil kündigte an, die Regierung werde die Empfehlungen der Kommission umsetzen. Weitere Informationen finden Sie auf der Seite der Bundesregierung unter diesem Link. Erhöhung der gesetzlichen Rente ab 1. Juli 2023 Rentnerinnen und Rentner der Deutschen Rentenversicherung erhalten zum 1. Juli 2023 mehr Rente. Die monatliche Rente steigt in den alten Bundesländern um 4,39% und um 5,86% in den neuen Bundesländern. Gleichzeitig gilt nun in den alten und neuen Bundesländern ein gleich hoher Rentenwert. Die Angleichung wurde ein Jahr früher als ursprünglich geplant erreicht. Weitere Informationen finden Sie auf den Seiten der Bundesregierung (Link) und der Rentenversicherung (Link). Einfuhr nur für entwaldungsfreie Produkte Ende Juni tritt die neue EU-Verordnung [VERORDNUNG (EU) 2023/1115 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES) vom 31. Mai 2023] für entwaldungsfreie Produkte in Kraft. Diese erlaubt die Einfuhr von beispielsweise Soja, Kaffee, Palmöl, oder Naturkautschuk nur dann, wenn für die Erzeugung kein Wald gerodet bzw. beschädigt worden ist. Ein Nachweis darüber muss in der gesamten Lieferkette geführt werden. Ziel ist es die Entwaldung zu stoppen. Weitere Informationen finden Sie auf der Seite der Bundesregierung unter diesem Link. 16

Juni | Nr. 4 2023 14 Disclaimer Die AHK Portugal haftet nicht für den Inhalt der Beiträge und/oder der Webseiten, die mit den Links verbunden sind. Datenschutz Die Daten und Beiträge, die in diesem Dokument aufgeführt sind, haben ausschließlich den Zweck, den Adressaten zu informieren. Die Daten werden elektronisch verwaltet gemäß den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung und dem portugiesischen Gesetz Nr. 58/2019 (portugiesisches Ausführungsgesetz zur Datenschutz-Grundverordnung). Falls der Adressat das Zusenden des Newsletters nicht erwünscht und/oder seine Daten aus der Datenbank der AHK Portugal gelöscht haben möchte, so bitten wir, uns dies über die auf unser Internetseite angegebene E-Mail-Adresse mitzuteilen. Ausgabe AHK Portugal Avenida da Liberdade 38/2 1269-039 Lisboa Abteilung Recht & Steuern Caroline Cöster Domingues (Leiterin) caroline-domingues@ccila-portugal.com Tel: +351 213 211 207 Allgemeiner Kontakt Tel: +351 213 211 200 Fax: +351 213 467 150 infolisboa@ccila-portugal.com www.ccila-portugal.com

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